Sonntag, 24. Januar 2010

Haiti: Voodoo- und Sklavenmentalität

Voodo heisst: Je m'en fous. --> Ich gebe einen Deut auf die Sklavenhändler, die Plantagenbesitzer, die Kolonisatoren, die Missionare, den Rationalismus, den Kapitalismus, die ganze verdammte weisse, westliche Kultur.
Max Beauvoir, Voodoo-Priester, vor ein paar Jahren in Prt-au-Prince zu David Signer

Zweifellos gibt es bis heute unter den Haitianern einen Reflex, alles, was mit Moderne, Fortschritt, Rationalität und Effizienz zusammenhängt, mit der westlichen Kultur in Verbindung zu bringen und deshalb als fremd zu verdächtigen oder abzulehnen.
Religionswissenschaftler sprechen von einem "dependenten Menschenbild":
Der Gläubige kann nichts bewirken, in Anbetracht der Übermacht der Realität. Planung ist folglich sinnlos, Kontrolle unmöglich --> Keine Selbstverantwortung. (Erinnert an kommunistische Realitäten)
"M'pa kapab" ("ich bin nicht fähig dazu") und "Se pa fôt mwen" ("es ist nicht mein Fehler") sind fast die häufigsten Kreal-Sätze, die man zu hören bekommt - vor allem, wenn jemand etwas nicht auf die Reihe bekommt.
Sklavenmentalität
Verantwortlich ist der andere, besonders der Chef.
Arbeit ist Zwangsarbeit, ein freier Mensch arbeitet nicht.
Voodoo ist eine Religion der [Anm. geistig] Armen und Unterdrückten. Sie predigt gegenseitige Hilfe und Solidarität, ist aber nicht aufstiegsorientiert. Eher geht es um GLEICHheit in der Misere. Allzu Ehrgeizige werden neidisch beäugt, nach dem Muster: Wenn ich schon arm bin, soll's dem anderen nicht besser gehn.
Die erneuerte Abhänigigkeit:
Arbeitslosigkeit: 50-70%
Die meisten leben von Überweisungen von arbeitenden Verwandten im Ausland oder von der Entwicklungshilfe.
Haiti ist gegenwärtig im Begriff, erneut zu einer Art Kolonie der ausländischen Helfer zu werden.

David Signer in der NZZaS vom 24.01.10, Seite 67.

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