Donnerstag, 13. Mai 2010

fehlende Xenophobie: eine Erbkrankheit (Williams-Beuren-Syndrom)

Menschen mit diesem Syndrom gehören zu den freundlichsten Wesen auf Erden. «Sie sind extrem an anderen Leuten interessiert», sagt Andreas Meyer-Lindenberg aus Mannheim. Sie gelten deshalb als hypersozial. «Sie unterhalten sich mit jedem, egal wie abschreckend er sich verhält oder abstossend er aussieht.» Soziale Furcht ist ihnen fremd.

Und dies alles wegen einer genetischen Veränderung: Typischerweise fehlen den Betroffenen auf dem Chromosom 7 über 20 Gene, was eine Reihe medizinischer Folgen hat. Dazu gehören unter anderem eine geistige Behinderung, Hör-, Seh- und Herzprobleme sowie ein charakteristisches «Elfengesicht» mit einer breiten Stirn, einem kleinen Kinn, vollen Lippen, vorstehenden Wangenknochen und einer kleinen, kugeligen Nasenspitze. Kinder mit dem Williams-Syndrom sind zugleich ausgesprochen musikalisch und verfügen über ein ausgeprägtes Rhythmusgefühl.

Wie zu erwarten war, brachten die Kinder ohne Erbkrankheit positive Eigenschaften überdurchschnittlich häufig mit Personen weisser Hautfarbe in Verbindung, die negativen Charaktere hingegen assoziierten sie mit Menschen dunkler Hautfarbe. Anders die Kinder mit Williams-Syndrom. Sie zeigten keine Bevorzugung ihrer eigenen ethnischen Gruppe.

Gegen Geschlechterstereotype hingegen waren auch die Kinder mit Williams-Syndrom nicht gefeit. So antworteten sie bei Fragen wie: «Wer repariert das Auto?» oder «Wer kocht das Essen?» nicht anders als die gesunden Kinder. «Dies deutet darauf hin, dass den verschiedenen Stereotypen unterschiedliche Hirnmechanismen zugrunde liegen», sagt Meyer-Lindenberg.

Theres Lüthi in der NZZaS vom 25.4.10, Seite 62f.

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