Anzeigen: 30 jährlich
Verurteilung: 1,4 Fälle im Schnitt
In Wirklichkeit handelt es sich bei den erschreckenden Opferzahlen nicht um Schätzungen der «Arbeitsgruppe Menschenhandel», wie der Autor der Basler Zeitung behauptete, sondern um Zitate aus anderen Berichten. So wird auf eine Studie der Europäischen Kommission verwiesen, gemäss der jährlich 120000 Sexsklavinnen von Ost- nach Westeuropa verschoben werden. Eine Studie der OSZE aus dem Jahr 1997, die als zweite Referenz genannt wird, geht derweil von 175000 Opfern aus, die Internationale Organisation für Migration (IOM) gar von 500000. Die Arbeitsgruppe des Bundes nahm also einen Mittelwert von 150000 Opfern, stellte diesen in Relation zu den rund 392 Millionen Westeuropäern und brach die Zahlen um den Faktor 50 auf die 7,2 Millionen Einwohner der Schweiz hinunter. Offenbar in der Annahme, dass es unter den Ländern Westeuropas kaum Unterschiede gebe, resultieren daraus die 3000 Opfer in der Schweiz.
Doch wie kamen die zitierten internationalen Institutionen auf ihre Zahlen? In der EU-Studie steht ohne Begründung oder Quellenangabe, es «solle» jährlich 120000 Opfer geben. In der OSZE-Untersuchung wird immerhin auf eine frühere, angeblich interne Schätzung des amerikanischen State Department verwiesen, die aber leider nicht greifbar ist. Und in der IOM-Studie wird Bezug genommen auf eine ältere hausinterne Erhebung, die jedoch nicht publiziert wurde. Fazit: Allenthalben wird eifrig zitiert, doch es bleibt ein Rätsel, wie die angeblichen Primärquellen die Zahlen erhoben haben.
Alex Baur in der WW15/03
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen