Samstag, 8. Januar 2011

Chodorkowski's folgenschwere politische Einmischung

  • geboren 1963 in einem jüdischen Haushalt
  • mit 23 Studium am chemisch-technischen Mendelejew-Institut abgeschlossen
  • Mitglied und später stellvertrtender Sekretär des Komsomol, der Jugendorganisation der KPdSU
  • Netzwerk, welches ihn bei der Gründung eines Cafés half
  • 1987 Leitung des NTTM, ein Komosol-Unternehmen
  • 1989 Gründung der Menatep-Bank, erhielt Banklizenz dank Kosmosol
  • 1992 Beraterstab des russischen Premierministers Boris Jelzin
  • stellvertretender Minister für Brennstoffe und Energie, Mitglied des Rats für Industriepolitik
  • 1995 an forderster Front dabei bei der Privatisierung von Erdölunternehmungen und dem Verfahren, wie die Privatisierung abzuwickeln ist.
Als Putin an die Macht kam, lud er sämtliche Oligarchen ein und sagte ihnen sinngemäss: "Ihr lasst die Finger von der Politik, und dann schaue ich nicht nach, wie ihr eure Riesenbeteiligungen zusammengerafft habt.

Chodorkowski war zu jener Zeit der reichste Mann Russlands und hatte keine Angst. --> Verhaftung im Oktober 2003 wegen unsauberen Vorgängen bei der Übernahme des Ölunternehmens Yukos:

Man stelle sich einmal vor, die Eidgenossenschaft würde das Nationalstrassennetz privatisieren und einer der reichsten Bürger der Schweiz wäre Mitglied der entsprechenden Kommission. Die Privatisierung würde dann einer Bank, welche von ebendieser Person kontrolliert würde, übertragen. Den Zuschlag erhielte schliesslich die Muttergesellschaft dieser Bank zu einem Preis, der achtzig Prozent unter dem Marktwert läge. Unterlegene Mitbieter, die das Verfahren als «Verrat» betitelten, würden mundtot gemacht. Genau so ging Chodorkowski vor. Wie andere Oligarchen segelte er hart am Wind.
Peter Hänseler in der WeWo42.10, Seite 58f.

7 Todsünden sind top aktuell

  • Fresslust
  • Habsucht (oder Geiz)
  • Hochmut
  • porneia (Unzucht)
  • Zorn
  • Eitelkeit
  • Dämon des Überdrusses, Mittagsdämon, Trägheit
  • Traurigkeit
Euagrios Pontikos, 345-399

Überwindung dieser Todsünden durch "Hungern, körperliche Anstrengung, Einsamkeit, das Singen von Psalmen, aber auch die intensive Beschäftigung mit der Heiligen Schrift.

Papst Gregor I. übernahm seinen Katalog und der populären Zahl wegen nur sieben Todsünden. Den achten Dämon von Pontikos, die Traurigkeit, liess er fallen.

Die Furcht vor dem Fegefeuer ist weg, die Laster sind es nicht. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte leiden mehr Menschen an Übergewicht als an Hunger. Völlerei wird zum globalen Wohlstandsboten. Pornografie steht im Internet für jeden und allzeit zur Verfügung. Die Gier der Banker nach Millionenboni ist sprichwörtlich geworden. «Eigenschaften wie Habgier, Neid oder Völlerei sind zu Triebfedern des kapitalistischen Wirtschaftssystems geworden», schreiben die Berner Ausstellungsmacher.
Peter Keller in der WeWo42.10, Seite 50ff

Stuttgart 21 entblösst die Unzulänglichkeit der deutschen Demokratie

Eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 könnte das Projekt kippen. Dabei ist es doch in den letzten 15 Jahre durch alle "demokratischen" Prozesse durch gekommen.
als ginge es darum, «Arbeitnehmer» und «Arbeitgeber», die sich bei Tarifverhandlungen verrannt haben, zu einem Kompromiss zu bewegen. Dabei weiss niemand, wie ein solcher «Kompromiss» aussehen könnte, denn zwischen «Bauen» und «Nichtbauen» kann es keinen dritten Weg geben. Als Erfolg gilt bereits, dass über das Verhandeln verhandelt wird.

ein Projekt geht, das seit über fünfzehn Jahren geplant wird und alle Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen passiert hat. Nun soll es «zurück auf Anfang» gehen.

«Ein nachträglicher Volksentscheid stellt ein ernsthaftes Problem für die Verwirklichung von Infrastrukturprojekten dar», sagt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,

Henryk M. Broder in der WeWo42.10, Seite 18.

zu wenig rausgeholt im Steuerstreit mit Deutschland

Bundesrat Merz hat in entscheidenden Punkte nachgegeben. Er habe «trotz der grossen Tragweite des Themas in Windeseile in vorschnelle Lösungen eingewilligt», kritisiert Steuerexperte Andreas Kolb, Partner bei der Anwaltskanzlei Eversheds Schmid Mangeat AG in Zürich. Während die Schweiz bei der Amtshilfe zur vollständigen Übernahme des OECD-Standards Hand geboten habe, sei es ihr nicht gelungen, auch von Deutschland die Übernahme des OECD-Standards in anderen Bereichen einzufordern.

Wenn das Verhandlungsziel der Abgeltungssteuer darin liegt, den automatischen Informationsaustausch auf lange Sicht auszuschliessen, dann müsste dies vertraglich so festgelegt werden. Andernfalls kämen solche Forderungen schon rascher, als es der Schweiz lieb ist, wieder auf den Tisch, sagt Kolb.
Pierre Heumann in der WeWo42.10, Seite 14.

Unwort "Gerechtigkeit"

Von allen politischen Begriffen ist der der «Gerechtigkeit» darum der bösartigste, weil man ihn nicht einmal diskutieren darf, ohne niedergeschrien zu werden. So heilig ist er, nicht nur Linken und Pfarrern, sondern auch allen Menschen mit schlechtem Gewissen. Hinterhältig ist er, zweitens, weil er die Prinzipien entwertet, ohne die weder eine erfolgreiche Gesellschaft noch lebensfähige Individuen existierten: Wettbewerb und Lohn für Leistung.
Das Trugbild «Gerechtigkeit» gaukelt den Menschen vor, dass alle alles haben können – und haben werden, wenn man nur den Staat den Gutmeinenden übergibt. «Gerechtigkeit» ist die gemeinste Waffe aller Geldjäger: eine moralische Erpressung.
...eindeutig wettbewerbsorientierte Systeme. Dass die Modelle, die auf Leistung und Erfolg setzen, mit Komponenten des Ausgleichs abgefedert sein müssen, bestreitet heute niemand mehr. Aber sie dürfen, wie ausländische Beispiele warnen, ihren kompetitiven Charakter nicht verlieren.
Urs Paul Engeler in der WeWo42.10, Seite 11.

Überfremdung und Fremdenfeindlichkeit in den 60ern und heute

in den 60ern: Schwarzenbach
«gestörten politischen Verhältnissen, wenn ein grosser Teil der in der Schweiz wohnhaften Ausländer zu den geschichtlichen und staatlichen Grundlagen sowie zu den politischen Einrichtungen unseres Landes keine Beziehung hat, ihnen vielmehr fremd und teilnahmslos gegenübersteht».

...Fremdenfeindlichkeit, die laut Aussagen von Soziologen und Publizisten eine Art Krankheit verunsicherter Unter- und Mittelschichten sei, ein fehlgeleiteter politischer Impuls bei den «einfachen Leuten», die es aufgrund ihrer beschränkten Intelligenz nicht verstehen können, dass die ungebremste Zuwanderung in ihrem ureigensten Interesse sei? Ähnlich klingt es heute. Eine gewisse Herablassung, ein schulmeisterlicher Ton schwingen dann jeweils mit, als ob die Stimmbürger wie dumme, ungezogene Kinder absichtlich bei einer Prüfung versagt hätten.

Die Schwarzenbach-Bewegung verlor ihren Schwung, als im Gefolge der Ölkrise eine grosse Rezession die Schweiz heimsuchte. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, unzählige Ausländer mussten die Schweiz verlassen, weil sie ihre Stelle verloren hatten. Eine derartige Rückwanderung wäre heute undenkbar, weil sich der Schweizer Sozialstaat zu einem umfassenden Auffangbecken entwickelte, das die arbeitslos gewordenen Ausländer geradezu davon abhält, in ihre Heimat zurückzugehen.

Roger Köppel in der WeWo42.10, Seite 5.