Samstag, 13. November 2010

ärztliche Allmacht

Ohne ärztliches Attest wird kein Taggeld ausbezahlt, ohne ärztliches Urteil fliessen keine Leistungen der Invalidenversicherung oder für Mutterschaft, selbst der Kauf von Windeln im Pflegheim ist abhängig von der ärztlichen Signatur. Die Beurteilung er Zurechnungsfähigkeit, der Entscheid zur Bevormundung, die Legitimation zum geplanten Freitod benötigen die Unterschrift des Mediziners. Die Tauglichkeit für Militärdienst, von Fahrzeuglenkern im Alter und vieles andere mehr sind Praxisalltag - weit über den Tod hinaus. Denn es gibt auch keine Bestattung ohne ärztlich unterzeichneten Totenschein.
Walter Grete in der NZZaS vom 17.10.2010, Seite 19.

Freitag, 12. November 2010

aktuelle Ausschaffungspraxis

im Rahmen des sogenannten Zusatzprotokolls zum multilateralen «Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen»:

Das Protokoll, das der Europarat ausgearbeitet hat, ist in der Schweiz seit Herbst 2004 in Kraft. Heute ermöglicht es die Überstellung von verurteilten Tätern ohne deren Einwilligung in 35 Länder.

So werden pro Jahr durchschnittlich rund zwanzig Verurteilte mit ihrer Einwilligung zum Strafvollzug aus der Schweiz in einen anderen Staat und ebenfalls rund zwanzig aus einem anderen Staat in die Schweiz überstellt. Das schrieb der Bundesrat im Frühling auf einen Vorstoss aus dem Parlament.

In der Schweiz werden jährlich zwischen 6000 und 12 000 Täter zu unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt. Rund 60 Prozent von ihnen sind Ausländer.

Die Überstellung von ausländischen Verurteilten in ihre Heimat scheitert in der Praxis vor allem daran, dass die dafür nötigen Abklärungen und Verfahren sehr lang dauern - oder daran, dass ein Staat im Einzelfall sein Veto gegen eine Überstellung einlegt. Das ist ihm gemäss den Verträgen und Übereinkommen möglich.

Lukas Häuptli in der NZZaS vom 17.10.2010, Seite 11.

Private entlasten Staat bei Fahndung


Es ist ein staatliches Anliegen, sogar eine Pflicht, dass unser Recht durchgesetzt wird. Jene, die sich nicht daran halten, sollen dafür verurteilt werden. Sind sie auf der Flucht und alle Optionen der Fahndung ausgeschöpft, greifen die kantonalen Polizeikorps zur Internetfahndung und veröffentlicht ein Fahndungsbild.

Für die Ausschaffungsinitiative übernimmt die PNOS diese Bilder. Sie unterstützt den Staat in seiner öffentlichen Funktion - getragen mit privaten Mitteln.


Aus meiner Sicht stellt sich ein einziges Problem: Die Fotos müssen vom Internet wieder verschwinden, wenn die mutmasslichen Täter gefasst wurden oder sich gestellt haben. Das hat auch eine PNOS zu befolgen. Ich denke aber nicht, dass das ein Problem für die PNOS ist, da es ihr wohl weniger um die einzelnen Gesichter auf den Fotos geht, als vielmehr um den Umstand, dass dauernd entsprechende Gestalten gesucht werden. Also gibt eigentlich kein Problem.

gewaltbereite, nationalistische, homophobe Serben


Das Phänomen ist nicht neu. Seit den neunziger Jahren existieren eine Reihe von Jungmännerbünden, die ihre Mitglieder aus den Fangemeinden der grossen Fussballklubs rekrutieren. Sie machen nicht nur die Stadien unsicher, sondern schlagen nach Laune auch Schwule, Roma, Muslime und Ausländer zusammen. Auch die Freischar-Kommandanten, die während der Jugoslawienkriege in Bosnien oder Kosovo die Drecksarbeit machten, fischten ihre Gefolgschaft vorzugsweise aus den Stadien. Dazu kommen ultranationalistische Jugend-Bünde wie Obraz (Ehre) oder Nasi (Unsere), die sich als Verteidiger der Nation und des orthodoxen Glaubens aufspielen.

Sehr lange wurde die Gewalt von der Justiz geduldet. Die Hooligan-Prozesse wurden regelmässig verschleppt, und die Urteile sind lächerlich. Das Jugendstrafrecht ist zahnlos, und die Richter mildern die Gewalttaten als jugendlichen Übermut ab. Anders als ihre Opfer haben die Hooligans, wenn sie abends ausrücken, wenig zu befürchten.
Andreas Ernst in der NZZaS vom 17.10.2010, Seite 7.

Tschechiens Drogenfreipass

Seit dem EU-Beitritt 2004 sind die Tschechen Europas Spitzenreiter beim Haschischkonsum.

Die Gesetzesnovelle, die heute selbst Niederländer nach Tschechien lockt, erlaubt unter anderem den Besitz von bis zu
  • 15g Haschisch
  • 1.5g Heroin
  • 1g Kokain
  • 5 LSD-Tabletten
für den Eigengebrauch. Ausserdem darf jeder Erwachsene bis zu 5 Cannabis-Sträucher und 40 halluzinogene Pilze züchten.
Paul Flückiger in der NZZaS vom 17.10.2010, Seite 9.

Die soziale Botschaft des sportlich Aktiven

Bewegung, frische Luft, Askese, Disziplin: Zwei von drei Schweizerinnen und Schweizern treiben mindestens einmal pro Woche Sport, vierzig Prozent dreimal wöchentlich.
gesund, gesund bleiben, sozial, macht Spass,
vs.
übergrosse Bewegungsdrang kann auch mit Eitelkeit, Frust und blankem Kampfwille zu tun haben kann


Der Langstreckenläufer:
Erst nach «Kilometer 35» setzt das Hirn Endorphine frei, die dem Langstreckenläufer jene Glücksgefühle vermitteln, die er im übrigen Leben offenbar nur schwer findet.

Die Spasskultur ist ihm zuwider, von anderen Oberflächlichkeiten hat er sich längst befreit. Er braucht keine Jacht, kein Pferd, keine Golfausrüstung, um seinen Status zu zelebrieren, denn er weiss: Nicht in der Sportart, sondern im Sportverhalten spiegeln sich soziale Unterschiede am deutlichsten. Gewohnt, Widerständen die Stirn zu bieten, stellt der Langstreckenläufer hohe Ansprüche an sich selbst. Er liebt es, auch in der Freizeit über sich selbst – und alle anderen – hinauszuwachsen.

Je höher die Bildung und das Einkommen sind, desto mehr Sport wird in der Deutschschweiz getrieben. Während Bauern, Akkordarbeiter und Fabrikarbeiterinnen nach Feierabend selten das Bedürfnis nach einem Wald- lauf verspüren, geben rund 47 Prozent der- jenigen, die monatlich über 8000 Franken verdienen, an, pro Woche mehrmals und mehr als drei Stunden Sport in der freien Natur zu treiben. Die höchste Kadenz ist in den Kategorien «Jogging», «Laufen» und «andere Ausdauersportarten» zu finden.

Franziska K. Müller in der WeWo39.10, Seite 50ff.

Gesundheitssystem: action required

  • Keine weitere Verharmlosung der Krankenkassenprämienexplosion
  • starke Reduktion des obligatorischen Teils der Krankenversicherung
  • Dienstleistungen und Medikamente zu Marktpreisen (internationaler Wettbewerb)
  • Bonus für Kunden, welche keine Leistungsansprüche melden
  • Das staatliche Budget für Prämienverbilligungen um mindestens 90% reduzieren
  • kein Ärztezwang für Krankenkassen
  • Konzentration von medizinischen Dienstleistungen in wenigen Spezialistenspitälern

Die ständig steigende Nachfrage im Gesundheitssektor ist kein Naturgesetz. Überall dort, wo sich die privaten Haushalte den richtigen Marktpreisen oder risikogerechten Prämien gegenübersehen, fällt das Wachstum deutlich zurückhaltender aus. Je mehr die Patienten aus der eigenen Tasche bezahlen müssen, desto schwächer fällt der Anstieg der Gesundheitskosten aus, zeigt eine Analyse des CSS-Gesundheitsökonomen Konstantin Beck. Der Anteil der obligatorischen Krankenversicherung an den Gesamtausgaben im Gesundheitswesen nimmt seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahre 1996 ständig zu. In der Zwangsversicherung steigen die Ausgaben schneller und stärker als die Gesamtkosten, weil im Obligatorium Geld keine Rolle spielt, das Verursacherprinzip ausgeschaltet ist. Im überobligatorischen Bereich aber, also dort, wo der Kunde selber entscheidet und bezahlt, fällt das Wachstum deutlich bescheidener aus. Im Bereich der freiwilligen Krankenversicherung ist es sogar rückläufig.

Der Staat meint es gut mit uns: Bei jedem dritten Prämienzahler bezahlt er die ganze oder zumindest einen Teil der Ausgaben für die Krankenkassen: Sie sollen das Budget eines Haushaltes nicht übermässig belasten. Im vergangenen Jahr liessen sich Bund und Kantone die Prämienverbilligung 3,5 Milliarden Franken kosten, etwa gleich viel, wie die Land- wirtschaft an Subventionen erhält. Das Giesskannenprinzip in der obligatorischen Krankenversicherung kommt 2,2 Millionen Bezügern zugute, pro Haushalt werden im Durchschnitt 2800 Franken ausgeschüttet. Das Geld ist schlecht angelegt. Denn die Subventionen sorgen dafür, dass rund dreissig Prozent der Bürger die Entwicklung der Gesundheitskosten gleichgültig ist. «Die Prämiensubventionen reduzieren das Preisbewusstsein», sagt CSS-Gesundheitsökonom Beck. Wer nicht weiss, was eine Dienstleistung kostet, neigt zum Überkonsum.
Pierre Heumann in der WeWo40.10, Seite 40.

Schiefergas krempelt den globalen Klimaschutz um

Neu kann man Schiefergas fördern - und zwar zweieinhalb mal soviel wie die vermuteten Vorräte an konventionellem Gas.
Die Schiefergas-Revolution könnte den erneuerbaren Energien den Todesstoss versetzen. Bei sinkenden Energiepreisen dank billigem Gas lohnen sich Investitionen in Wind, Sonne und Erdwärme noch weniger als heute. Kommt dazu, dass sich die Gasproduzenten selber als Klimaschützer sehen, da Gas der fossile Brennstoff mit der geringsten CO2-Belastung ist. Tatsächlich wäre für den Klimaschutz wohl mehr erreicht, wenn man möglichst viel Öl und Kohle durch Gas ersetzen würde, statt den Ausbau ineffizienter erneuerbarer Energien voranzutreiben.

Schiefergas bietet aber auch Chancen, die weit über den Energiemarkt hinausgehen. «Es wird die Weltpolitik verändern», schrieb Energieexpertin Amy Jaffe. Wenn sich osteuro- päische Staaten wie Polen oder die Ukraine selber mit Gas versorgen und weniger russische Lieferungen benötigen, sind sie nicht mehr gezwungen, Moskau politisch zu dienen. Auch der Einfluss von ölexportierenden Ländern würde schwinden, wenn billiges Gas dominiert. Freiheitliche Staaten wären dank eigenem Gas oder Importen aus den USA nicht mehr gezwungen, mit ihren Öleinkäufen zwielichtige Regimes am Leben zu erhalten. Gegenüber Problemstaaten wie Venezuela oder Iran könnte der Westen politisch härter und kompromissloser auftreten.
Alex Reichmuth in der WeWo40.10, Seite 44.
Beeindruckend, wie eine neue wissenschaftliche Entdeckung, eine neue Art der Rohstoffförderung, die Weltpolitik beeinflussen kann.

Outsourcing bei Bankräubern

Kundin musste Bank überfallen
Gladbeck (D). Ein Bankräuber hat gestern mit einem fiesen Trick eine Bank ausgeraubt: Er kettete einer Passantin eine Bomenattrappe an den Arm und zwang sie, damit in die Bank zu gehen: So konnte er eine sechsstellige Summe Geld erpressen. Den Geldkoffer übergab die Frau einem Taxifahrer, der davonfuhr.
Aus dem 20min vom 12.11.2010, Seite 13.

Donnerstag, 11. November 2010

Sozialwerke: Den Bock zum Gärtner machen

Diese Ausgangslage würde auch die Wohlfahrtsstaaten Europas stabilisieren, welche von Forderungen von allen Seiten geplündert werden. Die Linken und die Gewerkschaften Frankreichs, der Schweiz oder Griechenlands bekämen die Versicherungen fürs Alter, für Invalide und für Arbeitslose geschenkt mit der Auflage, allfällige Defizite aus der verbandlichen Kasse zu decken.
Beat Kappeler in der NZZaS vom 7.11.2010, Seite 36 in Anlehung an den amerikanischen Ökonomen Mancur Olson.

Mittwoch, 10. November 2010

Rückständiger Osten - immer noch

Die Arbeitsproduktivität in den neuen Bundesländern stagniert, wie die Löhne, bei etwa 75 Prozent der Leistung im alten Westen. Jeder dritte Euro, der im Osten ausgegeben wird, wurde nicht dort erwirtschaftet, stammt aus Transferleistungen. Die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Hartz-IV-Empfänger sind etwa doppelt so hoch wie im Westen.

Und dennoch blieben begründete Zweifel, ob die ostdeutschen Bundesländer ganz ohne Hilfen auskommen könnten. Vieles spricht dafür, dass sie durch die lange Förderzeit dauerhaft an den Tropf gewöhnt worden sind. Diese Einsicht will gegenwärtig niemand den Deutschen zumuten.

Die Vereinigung hat zunächst die Staatsgläubigkeit gestärkt, hat in beiden Landesteilen nostalgische Stimmungen befördert und eine Kultur der gegenseitigen Schuldzuweisungen hervorgebracht. Entweder war der arrogante Wessi schuld, oder der faule Ossi begriff wieder einmal nichts – Hauptsache, man konnte weiterjammern und mit dem Finger auf andere zeigen.

Jens Bisky in der WeWo40.10, Seite 52f.

Sex und Unterwerfung

Der heterosexuelle Geschlechtsverkehr ist kaum möglich ohne die Unterwerfung der Frau.
Alice Schwarzer

Dass Homosexualität die Lösung der Benachteiligung der Frau sein soll, fand ich nicht wirklich überzeugend.
Kristina Schröder, CDU-Familienministerin

...Stammtischparolen - hanebüchenen Unsinn...
Alice Scharzer

teures "Walk in" bei Notfallstationen

Viele Menschen, die die Chirurgie-Notfallstation wegen nicht dringlicher Anliegen aufsuchen, haben keinen Hausarzt.
Studie des Inselspitals in Bern
  • Schweizer mit Hausarzt: 83%
  • Ausländer mit Hausarzt: 57%
Aus der SonntagsZeitung vom 07.11.2010


durchschnittliche Kosten
  • einer Notfalluntersuchung durch einen Spezialisten: 500 CHF
  • einer Untersuchung durch den Hausarzt: 176 CHF
Gemäss Hochrechnungen der "SonntagsZeitung" führt dieses Verhalten schweizweit jährlich zu rund 100 Millionen Franken unnötiger Notfallkosten.
20min vom 08.11.2010, Seite 8.
Und wieder einmal ist das Kostenproblem v.a. ein Ausländerproblem:

Selbsteinlieferung in teure Notfallstation ("Walk In-Patienten")
  • Schweizer: 87%
  • Ausländer: 97%
20min

Depressionen: teure Romands und Frauen

Immer mehr Menschen mit Depressionen nehmen einer BAG-Statistik zufolge ärztliche Hilfe in Anspruch.

Hausarztbesuche wegen psychischer Krankheit auf 1000 Fälle
  • Romandie: 27,4
  • TI, GR: 2,9
  • Zentralschweiz: 5
  • Schweizer Durchschnitt: 12,9
  • Männer: 1/3
  • Frauen: 2/3
20min vom 8. November 2010

Und trotzdem bezahlen diese Risikogruppen dieselben Krankenkassenprämien wie ich! Bzw. bei der Höhe der Prämien bezahle ich ihr Risiko - sehr stossend!

Sarrazins Thesen: Deutschland im Niedergang

Thilo Sarrazin geht davon aus, dass die Deutschen zu wenig Nachwuchs haben und deshalb mit jeder Generation ein Drittel weniger werden als in der Generation zuvor. Der Gesellschaft drohe zudem der geistige Abstieg, schreibt Sarrazin, da die bildungsfernen Schichten mehr Nachwuchs hätten und Intelligenz «zu 50 bis 80 Prozent erblich» sei.

Die Probleme einer schrumpfenden und dümmer werdenden Gesellschaft könnten auch nicht mit Einwanderung ausgeglichen werden, da Deutschland auf die falsche Art von Einwanderung setze. Die muslimischen Immigranten - in erster Linie Türken - sind laut Sarrazin überdurchschnittlich häufig arbeitslos, sie beziehen überdurchschnittlich viele Sozialleistungen, ihre Kinder sind an den Schulen unterdurchschnittlich erfolgreich. Sie seien zudem häufiger kriminell als die Deutschen und hätten mehr Kinder. Sarrazin rechnet hoch, dass in Deutschland Personen aus muslimischen Ländern bald in der Mehrzahl sein könnten.

Thilo Sarrazin schlägt vor, dass künftig nur noch «Spezialisten am oberen Ende der Qualifikationsskala» einwandern dürfen. Für Zugewanderte ohne ausreichende Sprachkenntnisse sollen Deutschkurse für obligatorisch erklärt werden. Ab dem dritten Lebensjahr sollen Kinder den Ganztageskindergarten besuchen. Der Familiennachzug soll erschwert und der Bezug von Sozialleistungen an strikte Bedingungen geknüpft werden.

Thomas Isler in der NZZaS vom 7.11.2010, Seite 24f.