Freitag, 20. Januar 2012

Mehr Kapitalismus, weniger Dreinreden der Politiker

Die Krisen der letzten 4 Jahre rührten her von zu wenig Kapitalismus und von zu viel, aber falschem Dreinreden der Politik. Die US-Politik förderte 20 Jahre lang das Wohneigentum zahlungsunfähiger Unterschichten. Die überdrehten Hypothekarschulden verdarben dann das Weltfinanzsystem. Die Euro-Politiker schufen eine künstliche Währung, gegen den öffentlichen Protest von 155 Ökonomen, und bauten überdies Schuldentürme auf. Das alles droht den Kontinent jetzt ins Verderben zu ziehen.
 
Die Bedingung bleibt, dass [die Eigentümer] Gewinn und Verlust selbst tragen und sich dem Wettbewerb stellen müssen. Die staatlichen Rettungen der letzten Jahre von Banken, Autofirmen, Fluggesellschaften sind verdammenswert. Die Politiker verloren die Nerven. Denn ein Konkurs vernichtet - zu Recht - die Papierwerte der Aktionäre, der Obligationäre, aber er schiebt die realen Arbeitsplätze, Fliessbänder, Bankorganisationen, Flugzeuge günstig aus der Konkursmasse dem nächsten Mutigen zu.
 
Auf den Märkten steuern sich die Anbieter und Nachfrager in letzter Instanz, ohne Anweisung von oben, und sie folgen dabei ihrem Interesse. (...) Märkte sind nicht dazu da, Gleichheit zu verbreiten, sondern um Unterschiede zu schaffen. Alle Beteiligten sollen sehen, was etwas bringt und was nicht - Ausbildung, Gewitztheit, Kundenorientierung. [Die Positionen des Marktes sind bestreitbar.] Er zerstäubt Macht, wie der Wahlzettel in der Politik die Macht teilt. [Einfach nicht nur alle 4 Jahre sondern permanent.]
 
Der Kapitalismus würde glaubwürdiger,
  • wenn die Vermögen über die Lohnpolitik breiter gestreut würden,
  • wenn die Politiker die Aktionäre über Detailfragen und Saläre abstimmen liessen,
  • wenn Konkurse für alle Firmen die letzte Sanktion blieben und
  • wenn die Politiker nicht dauernd, um demagogisch «Arbeitsplätze zu retten» und «Sicherheit zu vergrössern», eingreifen würden.
Beat Kappeler in der NZZaS vom15.01.2012, Setie 41.
 
 

Donnerstag, 19. Januar 2012

A Theory of Prostitution (von zwei AutorINNEN)


Prostitution ist eine Tätigkeit, die keine Ausbildung braucht, arbeitsintensiv ist und hauptsächlich von Frauen durchgeführt wird. Und trotzdem, und jetzt kommt das Rätsel, sind Prostituierte im Durchschnitt gut bezahlt. Wie kann das sein?

Als Laie würde man naiv vermuten, dass attraktive und gleichzeitig sexbereite junge Frauen relativ knapp sind, und sich deshalb ein relativ hoher Preis bildet.

Aber das Naheliegende ist natürlich viel zu einfach. Die "Freude am Sex mit einer jungen Frau" als Hauptmotiv für die Nachfrage kommt im Artikel gar nicht vor. Stattdessen zerbrechen sich die Autorinnen den Kopf, warum verheiratete Männer zu Prostituierten gehen, obwohl sie Sex doch billig zu Hause haben könnten. Um das eigenartig zu finden, muss man sich schon sehr weit vom realen Leben entfernt haben, was in einem akademischen Umfeld aber leicht möglich ist.

Zwar vermuten die Autorinnen, dass die Freude an Vielfalt der Sexpartnerinnen bei Männern stärker ausgeprägt ist als bei Frauen. Und es könnte auch sein, die Autorinnen sind sich da nicht sicher, dass Sex mit einer älteren Frau weniger Freude macht als mit einer jüngeren Frau (S. 186). Doch all das ist für Edlund und Korn nicht weiter von Belang. Die Autorinnen haben nämlich eine eigene "brillante" Idee, die das Rätsel der relativ hohen Löhne von Prostituierten "löst": Frauen können nicht gleichzeitig Ehefrau und Prostituierte sein. Wenn also eine Frau als Prostituierte arbeitet, dann vermindert sie damit ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt und muss entsprechend mit einem hohen Lohn für diese entgangenen Möglichkeiten kompensiert werden. Das ist in einem Satz die "geniale" Idee, die einen langen Artikel in einem Topjournal rechtfertigt.

Mathias Binswanger auf Oekonomenstimme nimmt Bezug auf Edlund. L. und E. Korn (2002). A theory of prostitution. Journal of Political Economy, 110 (1):181–214 aus dem Jahre 2002
Haltet ihr von dieser Theorie auch soviel wie ich?

Mittwoch, 18. Januar 2012

Kosten der Energiewende vs. AKW

Bis 2030 gehen der Bundesrat und wir davon aus, das man über 100 Milliarden Franken ausgeben muss, um die Energiewende herbeizuführen. Mit Atomstrom wären wir mit Investititonen von 35 Milliarden auf der sicheren Seite. Das sagte auch der Bundesrat.

Bei einem Stromausfall von 4 bis 5 Stunden kommt der volkswirtschaftliche Verlust dem Preis eines Kernkraftwerks gleich: Das sind 7 bis 8 Milliarden Franken. Bei 12 Stunden kämen wir auf den Preis der Neat.
Hans Schweickardt, VRP und CEO von Alpiq im Interview von Alex Hämmerli in 20min vom 18.01.2012, Seite 14.