Freitag, 4. November 2011

Aussichtsloses Griechenland

Erst legten sie der Regierung in Athen die Daumenschrauben in Form hoher Kreditzinsen und scharfer Sparauflagen an. Dies führte das Land in eine tiefe Rezession. Dann senkten sie die Zinsen und forderten, Staatsbetriebe zu privatisieren, doch nichts geschah. Danach, im Juli dieses Jahres, beschlossen sie einen ersten Schuldenschnitt – er wurde nicht umgesetzt. Weil alles nichts half, soll nun ein zweites Rettungsprogramm folgen.
Eric Bonse am 03.11.2011 auf Cicero

100'000 Banker weniger

Zählt man die aktuell publizierten Pläne über den Jobabbau in der Finanzindustrie zusammen, werden nächstes Jahr 100'000 Personen weniger auf der Bank arbeiten.
FI-News vom 02.11.2011

Donnerstag, 3. November 2011

Portugal folgt auf Griechenland

Die in Portugal im Umlauf befindliche Geldmenge (M1) ist laut Europäischer Zentralbank in diesem Jahr bereits um 21% gesunken. Im September beschleunigte sich die Entwicklung. In aller Regel ist ein derartiger Einbruch der Vorbote einer scharfen Rezession: Wenn Bürger und Unternehmen aus Angst vor der Zukunft nicht mehr investieren, sondern ihr Geld in illiquidere Vermögenswerte umschichten oder gar ins Ausland transferieren, wird die Wirtschaft abgewürgt.
Sebastian Bräuer in der NZZaS vom 30.10.2011, Seite 33.

In Portugal werden exakt die gleichen Fehler gemacht wie in Griechenland. Die Alternative ist auch in diesem Land ein Schuldenschnitt.
Charles Wyplosz, französische Ökonom 

Renminbi abwerten?

Die USA verlangen von China seit Jahren, die eigene Währung aufzuwerten. Zu Recht?
Mich erinnert das an die achtziger Jahre, als die Amerikaner enormen Druck auf Japan ausgeübt haben, seine Geldpolitik zu lockern. Die Japaner haben nachgegeben, was ihnen bekannterweise einen grossen Schaden eingebrockt hat. Die Chinesen wissen das natürlich auch.
Harold James, Historiker in Princeton, im Interview von Sebastian Bräuer in der NZZaS vom 30.10.2011, Seite 33.

Verschlampte Asylgesuche?

Simonetta Sommaruga vermeldete im August 2011, dass 7'000-10'000 Asylbegehren von iraksichen Flüchtlingen aus den Jahren 2006-2008 schubladisiert wurden.

Aufgrund der grossen Zahl der Gesuche, war das Bundesamt für Migration (BfM) gezwungen, Prioritäten zu setzen. 1. Prio hatten Gesuche aus Ländern, in welche Asylsuchende leicht zurück geschafft werden konnten. Asylgesuche aus unkooperativen Ländern wurden zurückgestellt. Ebenso Gesuche, welche auf einer ausländischen Botschaft eingereicht wurden.

In Anlehnung an Markus Häfliger in der NZZaS vom 30.10.2011, Seite 13.
Formal-juristisch korrekt ist, dass sämtliche Staaten, welche die Genfer Konvention unterzeichnet haben, verpflichtet sind, sämtlichen politisch-verfolgten Personen in einer Notlage Asyl zu gewähren. Dies geschieht über ein Formular und einen vordefinierten Prozess. Es ist nicht davon auszugehen, dass die erwähnten irakischen Asylbegehren zu 100% korrekt und vollständig waren. Wohl eher so ca. 1% - würde ich mal schätzen.

Doch die Grundverpflichtung der Genfer Konvention ist falsch und unrealistisch. Dutzende Millionen, wenn nicht sogar Millarden von Menschen können geltend machen, nicht unter besten politischen Umständen leben zu müssen, v.a. wenn man diese am Schweizer Standard misst. Es ist logistisch schon gar nicht möglich, sämtliche Leute, welche folglich einen Anspruch hätten, in der Schweiz aufzunehmen, geschweige dem drohenden wirtschaftlichen Kollaps. Die Schweiz sollte sich nicht daran halten, bzw. da dies nicht gerne gesehen würde, sehr stark daran halten, d.b. auf die formelle Korrektheit pochen: Ein Zettel mit Name und Natel-Nr. genügt nicht als Asylantrag. Eine weitere legitime Hürde wäre, dass der Gesuchssteller beweisen können muss, dass seine Angaben korrekt sind. Dies dürfte oft nicht funktionieren, weil es ev. gar keine funktionierenden Staatsstrukturen gibt, welche dazu fähig wären. Erfüllt dies jemand trotzdem, wird er vorübergehend in der Schweiz aufgenommen, sein Fall wird geprüft. Sobald es die Situation im Heimatland zulässt, wird er wieder abgeschoben.

Liebe, Sex, Nutten und Pfarrer

Liebe besteht aus:
  • sexuellem Begehren
  • emotionaler Zuneigung
  • tiefem Vertrauen
  • uneingeschränkter Verantwortung.
Fehlt eine der Strömungen, ginge es gerade noch. Fehlten zwei, ist [die Beziehung] am Ende – sagte ihm eine weise Frau.
 
Sexuelle Dauerbeziehung  
Das Geheimnis jener Paare, die viele Jahre lang erregend miteinander verkehren, scheint darin zu liegen, dass sie durch eine milde perverse Inszenierung wirksam aufeinander bezogen und miteinander verbunden sind, am wirksamsten, wenn sie es gar nicht wissen. Erotik wäre dann die mehr oder weniger stabile Überbrückung existenzieller Abgründe mithilfe gemeinsamer Fetischisierungen. 
Prostitution
Die Verhältnisse, in denen wir leben und arbeiten, sind prostitutiver Natur: Wir sind käuflich und werden gekauft, manche körperlich, manche seelisch, viele moralisch, alle geistig. Wir bieten feil, werfen weg, nehmen, lassen nehmen. Auch deshalb werden Ekel und Abscheu auf die Huren projiziert. Ihre Arbeit aber wird benötigt; in unserer Sexualkultur sind Dauerbeziehungen nicht ohne Prostitution zu denken. Ausserdem hat jedes Triebwesen eine Leiche im Keller. Deshalb sei bigotten Heuchlern aus einem besseren Schauspiel zugerufen: Was geisselt ihr die Hure, peitscht euch selbst!
Katholische Kirche
In ihren zölibatär-männlichen Einrichtungen haben sich mehr sexuell unreife und perverse Missbrauchstäter versammelt als in jeder anderen Männer-Organisation.
 
Volkmar Sigusch, Sexualforscher, in einem Arikel von David Signer in dr NZZaS vom 30.10.2011, Seite 84.

Dienstag, 1. November 2011

Türkei als Vorbild für Griechenland UND die EU

Vor 10 Jahren stand die Türkei vor dem Bankrott - gleich stark verschuldet wie Griechenland und mit hoher Inflation: marode Banken wurden geschlossen, die türkische Lira wurde um 50% abgewertet, staatliche Unternehmen wurden privatisiert --> Der Staat konnte damit die Schulden abbauen --> Aufschwung, entgegen den heftigen Protesten der Linken und Gewerkschaftern

Karamanmarasch zählt zu den anatolischen Tigern: 400'000 Einwohner, fleissig und konservativ
Istanbul knapp 10% Wachstum, Energie- und Bausektoren boomen. Mehr Import als Export --> Türkische Lira schwächt sich ab --> türkische Produkte werden konkurrenzfähiger.
Ich sehe an Europa wohin es führt, wenn die sozialen Rechte zu weit gehen. Die Menschen werden bequem. Es wird weniger gearbeitet und weniger produziert. Und die Regierenden in Europa geben das Geld zu leicht aus.
Hanifi Öksüz, CEO Kipas, duldet keine Gewerkschaften in seinem Betrieb
ECO vom 31.10.2011 auf SF1

Kennzahlen der Alternativen Bank Schweiz

  • Vor 20 Jahren idealistisch gestartet
  • keine Boni, jedoch bezahlte Überstunden
  • 6 Wochen Vaterschaftsurlaub
  • 40 Stundenwoche
  • 1'059 mCHF Bilanzsumme
  • 481'029 CHF Jahresergebnis 2010
  • 849 mCHF Benutzbare Kredite, welche allesamt öffentlich publiziert werden
  • 80 Mitarbeiter
  • 4'455 Aktionäre
  • 25'942 Kunden
  • 52% Frauen in Führungspositionen
  • 4'307 CHF niedrigster Bruttolohn
  • 15'133 CHF höchster Bruttolohn
  • 1:3.5 Verhältnis Tiefst-/Höchstlohn
Markus Städeli in der NZZaS vom 30.10.2011, Seite 38f.

Griechenland: Wirtschaftliche Realität wird politisches Versagen korrigieren (2014/15?)

Südeuropäische Staaten verfügen nicht über dieselbe Kreditaubwürdigkeit wie Deutschland. Deshalb müssten sie höhere Steuern haben. Weil dem nicht so ist, verschulden Sie sich zu günstig und übermässig und verstärken das Problem (Der Markt weist auf das Problem hin).

Nach zwei Jahren Krise dämmerte es [den Politikern], dass die griechischen Schulden immer nur zunehmen. Doch anstatt den Staatsbankrott auszurufen, zwingen sie nur die Banken, die Hälfte der Guthaben abzuschreiben. Bei einem allgemeinen Bankrott nämlich würden die Kreditversicherungen (CDS) fällig, welche viele Gläubiger Griechenlands gekauft hatten. Doch damit hätten möglicherweise einige Banken zusätzlich zum Schuldenschnitt viel Geld verloren, weil sie solche Garantien verkauft hatten.

Da es kein allgemeiner Bankrott Griechenlands ist, muss die Europäische Zentralbank, die für 50 Mrd. dessen Anleihen kaufte, nichts abschreiben. Sonst hätte sie ihr Eigenkapital weitgehend verloren.

[Mit dem Hebel des ESFS können die] Riesenschulden Italiens und Spaniens zu geringeren Zinsen, aber in grossem Volumen, auf die Märkte geworfen werden. Fällt allerdings ein Staat aus, hat der EFSF-Fonds dann das geballte Risiko zu tragen - das heisst, die Steuerzahler der nördlichen Länder. Der EFSF-Fonds ist für diese seit Mittwoch fünfmal risikoreicher geworden. Solche Konstruktionen mit risikobehafteten Kapitalteilen als Garantie grösserer Teile wurden in der Finanzkrise als CDO (Collateralized Debt Obligations) von den europäischen Politikern gnadenlos kritisiert. Jetzt sind sie gerade recht, um das knappe Hilfsgeld für Italien und Spanien zu hebeln.

Die südlichen Staaten können sich jetzt weiterhin zu deutschen Tiefzinsen verschulden, was seit 1999 der Anfang allen Übels war. (...) Immer mehr Schulden sind einfach in neue Gefässe umgegossen, gehebelt worden.

Das Entscheidende aber spielt sich in Frankreich ab. Wenn Frankreich, wie von den Rating-Agenturen angedroht, sein dreifaches AAA einbüsst, verliert der EFSF-Fonds dieses seinerseits. Dann laufen die Hebel rückwärts. Denn Italien und Spanien, deren untragbare neue Schulden der Fonds versichern soll, sind noch schwächere Garanten ebendieses Fonds. Wenn also eines der drei grossen lateinischen Länder leicht strauchelt, muss der Fonds dramatisch höhere Zinsen zahlen, wenn er überhaupt noch Anleger findet. Dann muss Deutschland zahlen, sein eigenes Rating ist gefährdet, seine Wähler rebellieren. Und der Euro-Raum wird kleiner.

Beat Kappeler in der NZZaS vom 30.10.2011, Seite 37.

Der eingeschlagene Weg mit den Fonds und Hebel wird üble Folgen haben. Es wird noch einige Demonstrationen andauern, die nächsten v.a. wieder gegen die Finanzindustrie. Ich hoffe, dass 2014/2015 auch der hinterletzte Sozi mit einem Schild auf der Strasse kapiert hat, dass ihre Politiker versagt haben. Dann kommt es endlich zu einer Aufspaltung der EU - es wird getrennt, was nicht zusammen gehört.

Steueroasen

Eine Übersicht auf 20min

Gutmenschliche Politiker führen die EU in den finanziellen Ruin

Politiker wählen oft den bequemeren Weg. Sie frönen romantischen Ideen, spielen Gutmensch und bewirkten so institutionelle Weichenstellungen, die Krisen wie die Euro-Krise nach sich ziehen.

Der Euroraum wird durch einen Überfluss an Gutmenschen bevölkert. Als Euro-Romantiker geben sie jenen freie Bahn, die rücksichtslos ihre eigenen Ziele verfolgen. Gutmenschen träumen von Rettungsfonds, Eurobonds und anderen Wohltaten und spielen so den Egoisten in die Hände, die sich auf den Empfang solcher Staatshilfen spezialisiert haben. Manches spricht dafür, dass es ohne diese Gutmenschen entweder nicht zur aktuellen Krise gekommen oder diese schon überwunden wäre.

14.03.1974: Weltwährungssystem Bretton Woods bricht zusammen, was allen Staaten der westlichen Welt die Freiheit gab, ihr Währungssystem selbst auszuwählen.

--> Deutschland, Österreich, Benelux: Entscheid für Wachstum ohne Inflation.

--> Frankreich, Mittelmeer inkl. Portugal: Entscheid für Wachstum mit Inflation.

Ein Wachstum mit Inflation besänftigt die Interessengruppen und stimuliert das Wirtschaftswachstum. Diese Politik ging regelmässig schief. Nach anfänglichem Boom verlor das Land die internationale Wettbewerbsfähigkeit, musste seine Währung abwerten und fiel im Wachstum zurück. Frankreich und die Mittelmeerstaaten hatten daher konstant schwache Währungen.

1978: F-Präsident d'Estaing möchte Gutmensch Schmidt dazu bewegen, mit D-Mark schwache Francs zu kaufen um damit ihre verfehlte Inflationspolitik zu stützen. Dank dem Veto der deutschen Bundesbank wurde dies verhinert. Trotzdem wurden feste Bandbreiten für die europäischen Währungen festgeschrieben.

1988: Vorschlag Deutschlands einer gemeinsamen Währungsunion unter Einhaltung der Konvergenzkritierien

Mitterand zog seine Opposition gegenüber der deutschen Wiedervereinigung zurück (Gutmenschentum?)

1991: Maastricht-Vertrag, welcher diese Konvergenzkriterien festschreibt.

Helmut Kohl wollte Mitterand dann belohnen und setzte einen Termin für den unwiderruflichen Start der Währungsunion fest.

01.01.1999: Durch den Termin wurden die Konvergenzkriterien als Aufnahmebedingung praktisch hinfällig. Es kam nun darauf an genügend Staaten zu finden, mit denen die Währungsunion fristgerecht starten konnte. So kamen Italien, Spanien und Portugal zum Euro, die ein erhebliches Krisenpotential in sich bargen.

Da Deutschland 40% des Geldumlaufkapitals in die Währungsunion einbrachte, sollte sie auch zu 40% bestimmen können. Das passte Frankreich nicht, das nur 12% einbrachte. Das gutmenschliche, entgegenkommende Deutschland liess seine Mitsprache im EZB-Rat ebenfalls auf 12% beschränken/erniedrigen. (...) Frankreich setzte seinen Anspruch auf Besetzung des EZB-Präsidenten ab 2003 durch. Damit wurde es zum Herrn über die Tagesordnung.

Am 9. Mai 2010 ergriff Präsident Trichet die Gelegenheit, sich vom EZB-Rat den Kauf von Staatsanleihen finanziell angeschlagener Euro-Staaten genehmigen zu lassen und so den EU-Vertrag in einem zentralen Punkt auszuhebeln. Das Nein von Axel Weber war wirkungslos. Die Kanzlerin hielt sich gutmenschlich zurück.

5./6. Mai 2010 Seit 2008 war jeder Mitgliedstaat für seine Banken selbst verantwortlich, doch als die Staatsanleihen der Mittelmeerstaaten auf Talfahrt gingen und französische Banken in den Risikobereich brachten, wollte Sarkozy nichts mehr von Selbstverantwortung wissen.

In einem Theatercoup überzeugte er tags darauf am Brüsseler Gipfel Kanzlerin Merkel, die französischen Risiken gemeinsam zu tragen. Sonst sei das das Ende der deutsch-französischen Freundschaft, und Frankreich trete aus dem Euro aus (wohin denn?), hieß es in der Presse. Merkel liess sich beeindrucken und bot ihm den Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro bis 2013 an, wovon Deutschland an die 147 Milliarden Euro übernahm. (...) Merkel meinte, den Gutmenschen spielen zu müssen. Richtigerweise hätte sie sagen sollen: Nicolas, Du trägst Deine, ich trage meine Bankenrisiken, so war es vereinbart und dabei wollen wir erst mal belassen.

Nach Merkel wollte sich auch Bundesfinanzminister Schäuble als Gutmensch erweisen. Er wollte den befristeten zu einem permanenten Rettungsschirm umgestalten. Da freuten sich Frankreich und die Mittelmeerstaaten. Von nun an konnte jeder Staat kommen und sagen: Ich bin pleite und brauche Geld.

Charles B. Blankart vom 26.10.2011 auf Oekonomenstimme