Dienstag, 1. November 2011

Gutmenschliche Politiker führen die EU in den finanziellen Ruin

Politiker wählen oft den bequemeren Weg. Sie frönen romantischen Ideen, spielen Gutmensch und bewirkten so institutionelle Weichenstellungen, die Krisen wie die Euro-Krise nach sich ziehen.

Der Euroraum wird durch einen Überfluss an Gutmenschen bevölkert. Als Euro-Romantiker geben sie jenen freie Bahn, die rücksichtslos ihre eigenen Ziele verfolgen. Gutmenschen träumen von Rettungsfonds, Eurobonds und anderen Wohltaten und spielen so den Egoisten in die Hände, die sich auf den Empfang solcher Staatshilfen spezialisiert haben. Manches spricht dafür, dass es ohne diese Gutmenschen entweder nicht zur aktuellen Krise gekommen oder diese schon überwunden wäre.

14.03.1974: Weltwährungssystem Bretton Woods bricht zusammen, was allen Staaten der westlichen Welt die Freiheit gab, ihr Währungssystem selbst auszuwählen.

--> Deutschland, Österreich, Benelux: Entscheid für Wachstum ohne Inflation.

--> Frankreich, Mittelmeer inkl. Portugal: Entscheid für Wachstum mit Inflation.

Ein Wachstum mit Inflation besänftigt die Interessengruppen und stimuliert das Wirtschaftswachstum. Diese Politik ging regelmässig schief. Nach anfänglichem Boom verlor das Land die internationale Wettbewerbsfähigkeit, musste seine Währung abwerten und fiel im Wachstum zurück. Frankreich und die Mittelmeerstaaten hatten daher konstant schwache Währungen.

1978: F-Präsident d'Estaing möchte Gutmensch Schmidt dazu bewegen, mit D-Mark schwache Francs zu kaufen um damit ihre verfehlte Inflationspolitik zu stützen. Dank dem Veto der deutschen Bundesbank wurde dies verhinert. Trotzdem wurden feste Bandbreiten für die europäischen Währungen festgeschrieben.

1988: Vorschlag Deutschlands einer gemeinsamen Währungsunion unter Einhaltung der Konvergenzkritierien

Mitterand zog seine Opposition gegenüber der deutschen Wiedervereinigung zurück (Gutmenschentum?)

1991: Maastricht-Vertrag, welcher diese Konvergenzkriterien festschreibt.

Helmut Kohl wollte Mitterand dann belohnen und setzte einen Termin für den unwiderruflichen Start der Währungsunion fest.

01.01.1999: Durch den Termin wurden die Konvergenzkriterien als Aufnahmebedingung praktisch hinfällig. Es kam nun darauf an genügend Staaten zu finden, mit denen die Währungsunion fristgerecht starten konnte. So kamen Italien, Spanien und Portugal zum Euro, die ein erhebliches Krisenpotential in sich bargen.

Da Deutschland 40% des Geldumlaufkapitals in die Währungsunion einbrachte, sollte sie auch zu 40% bestimmen können. Das passte Frankreich nicht, das nur 12% einbrachte. Das gutmenschliche, entgegenkommende Deutschland liess seine Mitsprache im EZB-Rat ebenfalls auf 12% beschränken/erniedrigen. (...) Frankreich setzte seinen Anspruch auf Besetzung des EZB-Präsidenten ab 2003 durch. Damit wurde es zum Herrn über die Tagesordnung.

Am 9. Mai 2010 ergriff Präsident Trichet die Gelegenheit, sich vom EZB-Rat den Kauf von Staatsanleihen finanziell angeschlagener Euro-Staaten genehmigen zu lassen und so den EU-Vertrag in einem zentralen Punkt auszuhebeln. Das Nein von Axel Weber war wirkungslos. Die Kanzlerin hielt sich gutmenschlich zurück.

5./6. Mai 2010 Seit 2008 war jeder Mitgliedstaat für seine Banken selbst verantwortlich, doch als die Staatsanleihen der Mittelmeerstaaten auf Talfahrt gingen und französische Banken in den Risikobereich brachten, wollte Sarkozy nichts mehr von Selbstverantwortung wissen.

In einem Theatercoup überzeugte er tags darauf am Brüsseler Gipfel Kanzlerin Merkel, die französischen Risiken gemeinsam zu tragen. Sonst sei das das Ende der deutsch-französischen Freundschaft, und Frankreich trete aus dem Euro aus (wohin denn?), hieß es in der Presse. Merkel liess sich beeindrucken und bot ihm den Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro bis 2013 an, wovon Deutschland an die 147 Milliarden Euro übernahm. (...) Merkel meinte, den Gutmenschen spielen zu müssen. Richtigerweise hätte sie sagen sollen: Nicolas, Du trägst Deine, ich trage meine Bankenrisiken, so war es vereinbart und dabei wollen wir erst mal belassen.

Nach Merkel wollte sich auch Bundesfinanzminister Schäuble als Gutmensch erweisen. Er wollte den befristeten zu einem permanenten Rettungsschirm umgestalten. Da freuten sich Frankreich und die Mittelmeerstaaten. Von nun an konnte jeder Staat kommen und sagen: Ich bin pleite und brauche Geld.

Charles B. Blankart vom 26.10.2011 auf Oekonomenstimme

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