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Alles heute beruht auf der Erkenntnis des Kausalen: Jede Ursache hat eine Wirkung, jede Wirkung eine Ursache.
Unsere ganze Gesellschaft beruhe auf der Hypothese des freien Willens...Ohne freien Willen gäbe es keine Schuld und ohne Schuld kein Strafrecht.
Während man früher sagte, sie hat Pech mit Männern, sagt man heute, sie sucht sich immer die Falschen. Und sterbe eine Hundertjährige an einer Lungenentzündung, sagt Hampe, äussere bestimmt irgendjemand den Verdacht, dass das nicht passiert wäre, hätte man rechtzeitig ein Antibiotikum gegeben.
Wie war es, wenn der Mann früher fremdging? Die Frau hatte nicht das Gefühl, sie müsste ihren Mann in der Liebe glücklich machen, sie musste allenfalls willig sein. Heute muss Sex jedes Mal ein Rausch sein. Und wenn sich der Mann eine andere nimmt, zieht die Frau den Schluss, sie ist nicht sexy genug.
Erica Meier, Psychoanalytikerin
Ich kann den Modebegriff Mobbing nicht ausstehen. Er suggeriert zu oft, die andern sind schuld. Selbst wenn jemand in einer Situation Opfer ist, kann eine Veränderung angestrebt werden. Auch ein Opfer hat eine Wahl.
Erica Meier, Psychologin
Sie sagt, sie sei enttäuscht. Ständig das Später vorgehalten zu kriegen, alles planen zu sollen, nehme ihr die Lebensfreude und das Gefühl, frei zu sein.
«Ich will mich lieber mit offenem Herzen und Auge, wie ein Kind, durch die Welt bewegen. Alles wie ein Puzzle lassen, nichts festkleben, anstatt mir die populären Bilder in den Kopf hämmern lassen.»
Anuschka Roshani im TagiMagi vom 4.9.10.
Inzwischen wissen auch Linke, dass sie mit den Ideen des Sozialismus nicht mehr punkten können. Deshalb haben sie ihre Rhetorik den neuen Gegebenheiten angepasst. Geblieben ist die Vorliebe, in erster Linie über Werte und Ideen zu diskutieren. Die Probleme, die sich für Wirtschaft und Gesellschaft bei der Umsetzung der propagierten Ideen ergeben, werden ausgeklammert. Politiker und Medienschaffende lieben solche von der Realität losgelösten Wertediskussionen. Mit wenig intellektuellem Aufwand kann man sich als Anhänger neuer, sozialer und gerechter Gesellschaftsmodelle profilieren. Gleichzeitig können die Zweifler mit einem Verweis auf die übergeordnete Stellung der Werte und Ideen als unsozial diskreditiert werden.
Kurt Schildknecht in der WeWo40.10, Seite 22.
...die Gehirne beider Geschlechter passen sich nach neuerer Forschung jeder neuen Erfahrung an und sind sehr viel veränderbarer, als noch vor einem Jahrzehnt angenommen. Dennoch werden Männer in ihrem neuen Buch vorwiegend als Opfer ihrer Gene und Hormonausschüttungen dargestellt.
Menschliche Entscheidungen gegen die biologischen Impulse des Gehirns sind nicht nur möglich, sondern alltäglich. Man nennt es Zivilisierung, und man muss es tun. Ich glaube, es hilft, wenn man weiss, welches die Impulse sind, die man niederzuhalten versucht. Aber Tiger Woods kann sich damit nicht entschuldigen. Wenn ein Mann Frau und Kinder hat, ist es völlig egal, ob er ein mehr oder weniger langes Rezeptoren-Gen für Vasopressin hat. Er trägt ihnen gegenüber Verantwortung. Aber möglicherweise ist es nützlich, zu wissen, dass man ein kurzes Gen hat und deswegen härter arbeiten muss, um treu zu sein. Genau so, wie es nützlich ist, zu wissen, dass man gefährdeter ist als andere, Diabetes oder einen Schlaganfall zu bekommen.»
Beatrice Schlag in der WeWo16.10, Seite 30ff, bezieht sich auf Louann Brizendine: The Male Brain, Random House, 2009, 304 Seiten.
- 1999 - 2008 Finanzdirektorin des Kantons Graubünden
- Präsidentin der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren
- Mitglied des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank
In Bundesbern umreissen einige Parlamentarier das Kalkül Widmer-Schlumpfs so: Als Finanzexpertin ist sie weitherum anerkannt. Das Parlament dürfte 2011 Hemmungen haben, eine Bundesrätin abzuwählen, deren fachliche Eignung kaum jemand in Zweifel zieht. Diese Überlegungen haben allerdings mehrere Haken: Mit der Annahme ihrer Wahl im Dezember 2007 hat Widmer-Schlumpf selber dazu beigetragen, die Hemmschwelle bei der Abwahl amtierender Bundesräte zu senken. Und die Bündnerin wird 2011 ohne richtigen Leistungsausweis dastehen: Die drei Jahre in der Justiz waren zu kurz, und das eine Jahr bei den Finanzen ist es wohl auch. Hans-Rudolf Merz hat zwar einiges verbockt, aber die Finanzen liefen ihm nicht aus dem Ruder. Der Schweizer Staatshaushalt ist solid. Es wird seine Zeit dauern, bis Widmer-Schlumpf als Finanzministerin Spuren hinterlässt.
Francesco Benini in der NZZaS vom 3.10.10, Seite 24f.
Die grossenteils verrotteten Staatsbetriebe werden einer Treuhandgesellschaft übertragen, die in den folgenden vier Jahren 14 500 von ihnen privatisiert und 3500 stelllegt. Die Treuhand hinterlässt Ärger, Misstrauen und 275 Milliarden D-Mark Schulden.
Und nun beginnt Westdeutschland zu bluten unter dem gewaltigsten Hilfsprogramm der Weltgeschichte: 1600 Milliarden Euro sind seither von West- nach Ostdeutschland geflossen, 219 Millionen Euro Tag für Tag. Sanieren, modernisieren, verschönern!
Wolf Schneider im NZZ Folio 10/2010, Seite 17.
Die Kluft zwischen Ost und West ist unverändert gross. Die Arbeitslosenquote im Westen beträgt 6, im Osten aber 11 Prozent. Die Differenz ist in den 20 Jahren nach der Wiedervereinigung nicht geringer geworden. Ein Arbeitnehmer im Osten bekommt nur drei Viertel dessen, was sein Kollege im Westen verdient. Die Wirtschaftsleistung in den östlichen Bundesländern beträgt im Vergleich zum Westen nur 70 Prozent.
Exodus
Die Bevölkerungszahl im Osten ist seit 1990 um 1,7 Millionen auf 13 Millionen Einwohner geschrumpft. Vor allem die junge Generation machte sich auf den Weg in den Westen und hinterliess Dörfer, in denen nur noch Rentner leben.
Gerd Kolb in der NZZaS vom 3.10.10, Seite 5.
Fünf sozialdemokratische Parteien sitzen im deutschen Bundestag. Über die Sozialdemokraten braucht man nicht zu sprechen. Die Unionsparteien haben unter Merkels Führung sukzessive sozialdemokratische Positionen besetzt, und selbst ihre eigenen Anhänger sind nicht mehr in der Lage, Restbestände des einst hochgehaltenen Konservatismus zu finden.
Die Grünen haben ein Hauptthema, die Umwelt, das nicht zwingend eine bestimmte wirtschaftspolitische Ordnung voraussetzt, doch sie denken wie Sozialdemokraten: Sie wollen besteuern und umverteilen. Etwas anderes will auch die Linkspartei nicht…
Die Liberalen möchten den Mittelstand etwas entlasten, das ist alles. Im Übrigen schwimmen auch die Liberalen im breiten Strom der Mitte. Sie fördern Kultur und Wissenschaft, sie wollen den Sozialstaat und die soziale Marktwirtschaft.
Der breite politische Konsens verführt dazu, heikle Fragen zu verdrängen und intellektuelle Tabuzonen zu schaffen. Doch die «Debatte», die der Sozialdemokrat ausgelöst haben will, ist steril und oberflächlich geblieben. Nur ganz wenige Medien und Politiker haben sich mit seinen Thesen intensiv auseinandergesetzt. Die meisten beliessen es bei den bekannten rituellen Tänzen schneller Entrüstung und politischer Korrektheit. Das führt zwangsläufig zu intellektueller Verarmung.
Vieles spricht dafür, dass die Deutschen, wagte man nur etwas mehr direkte Demokratie, ihre D-Mark schon längst wieder hätten – nun, nach der Griechenland-Krise, erst recht. Dass sich Berlin niemals in Afghanistan engagiert hätte, steht fest; vielleicht hätte man sogar bereits der EU den Rücken gekehrt.
Das stimmt nachdenklich. Deutschland, so scheint es, ist mittlerweile so weit nach links gerückt, dass seriöse Debatten über die Nachhaltigkeit volkswirtschaftlicher Modelle nicht mehr zu führen sind.
Handlungsfähigkeit ist nicht das Privileg autoritärer Eliten. Nicht die Parteiendemokratie Deutschland, nicht das zentralistische Frankreich hat die Schulden gering gehalten, sondern die Schweiz, in der der angeblich so unzuverlässige, verschwendungssüchtige und leicht zu verführende Bürger überall dreinreden kann. Das sollte nicht zu Überheblichkeit verleiten. Aber es deutet an, dass sich etwas mehr Respekt vor dem Bürger lohnen kann. Zurückhaltende staatspolitische Vernunft kommt nicht von oben, sondern von unten. Sie wächst aus den kleinen Gruppen, aus den Familien und Gemeinden…
Ulrich Schmid in der NZZ vom 25.09.2010, Seite 57.