Montag, 14. September 2009

verfehltes Bologna-System

Ich weiss, wie es früher war, weil ich im alten System zu studieren begann. Heute herrscht eine strikte Anwesenheitskontrolle, keiner darf mehr als zweimal fehlen. Ich kann kein Praktikum machen in dieser Zeit, ich kann nicht an Messen arbeiten und Geld verdienen, sonst fehle ich zu oft.
Nathalie Rossé, 25-jährig, Studentin der Neuro- und der Entwicklungspsychologie, Bern

Die Eigenständigkeit und die Teamfähigkeit drohen verloren zu gehen. Es bleibt kaum Zeit, um die Zusammenhänge zu verstehen, den Stoff zu vertiefen oder eigene Fragen und Ideen zu entwickeln.
Sofia Rudin, 22-jährig, Studentin an der ETH Zürich

Die Belastung hat eindeutig zugenommen, sie ist zu gross geworden. Die Freiheit der Studierenden wurde reduziert, es hat eine starke Verschulung stattgefunden.
Louis Bosshart, Professor am Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft, Freiburg

Verschulung verstärkt das Gefühl, für die Uni, für den Dozenten, für den Abschluss zu arbeiten - und nicht für sich. Im neuen Studium ist aber alles Pflicht. Wahlfächer gibt es kaum noch, und getestet wird jedes Kinkerlitzchen.
Patricia Hertel, Diplom-Assistentin, Freiburg

Wider besseres Wissen sammeln sie in aller Eile möglichst viele Punkte (...) Auf dem Arbeitsmarkt führen Punkte zu nichts.
Markus Diem, Studienberater, Basel

In dieser verlängerten Adoleszenz müssten wichtige Entwicklungsprozesse stattfinden im Hinblick auf Autonomie, Selbstverantwortung und die zentralen Fragen der Identitätsfindung: Dazu braucht es einen gewissen Freiraum. Wer ständig funktionieren muss, kann sich nicht persönlich entfalten.
Psychologin Rüegg-Kulenkampff

In einem Artikel von Christof Gertsch in der NZZaS vom 6.09.09, Seite 67f

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