Sonntag, 27. Februar 2011

Frauenfreundschaften

Für Frauenfreundschaften ist deshalb nicht nur die innige Verbundenheit typisch, sondern auch das oftmals unerwartete Ende aus heiterem Himmel. Auch das hat fast jede Frau schon einmal erlebt. Es kann eine unbedachte Bemerkung sein, eine falsche Reaktion und plötzlich ist Sense mit Friede, Freude, Eierkuchen. Die Beziehung zerbricht, immer schmerzhaft, meistens unerwartet, oft unverstanden. Dies auch deshalb, weil viele Frauen den Bruch nicht kommunizieren, sondern sich irgendwie aus der Beziehung davonstehlen, sich verweigern, verleugnen lassen.

Psychologen haben zahlreiche Erklärungen für dieses Phänomen. Frauen definierten sich nicht über Sachthemen wie Männer, sondern über Beziehungen, wo sie wiederum Nähe, Vertrauen, Gemeinsamkeit, gegenseitige Bestätigung suchten. Weil sie so harmoniesüchtig sind und sich lieber gar nicht erst aus der Wohlfühlzone hinauswagen, wird Kritik möglichst vermieden. Was aber nicht bedeutet, dass es keine negativen Gefühle gebe, so sagen die Psychotherapeutinnen Luise Eichenbaum und Susie Orbach. Schliesslich beobachten Frauen andere Frauen sehr genau und empfinden nicht selten auch Neid, Rivalität und Eifersucht. Aber anstatt diese zuzulassen und dem auf den Grund zu gehen, werden solche Emotionen dem Frieden zuliebe heruntergeschluckt. Das köchelt dann und kann irgendwann auch wegen eines nichtigen Anlasses ausbrechen. Was lange gärt, wird endlich Wut.

Typisch ist allerdings auch, dass die Wut sich nicht Bahn schlägt, sondern dass Frauen den feigen Abgang durch die Hintertür bevorzugen. Statt offenem Schlagabtausch das grosse Schweigen. So kommunikativ Frauen im Allgemeinen sind, wenn es darum geht, miteinander Schluss zu machen, wird das offene Gespräch meist verweigert.

Es ist tatsächlich so, dass Frauen in Beziehungen zu Männern offener mit Kritik sind als mit einer Freundin und eher formulieren, was sie stört. Trotz der Innigkeit der Beziehung zur Freundin – oder vielleicht gerade deswegen.

Michèle Binswanger am 24.02.2011 im Mamablog des Tagesanzeigers

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