Percy Barnevik, 66, wurde als Chef der ABB bekannt, als er 2001 eine Abgangsentschädigung von 148 Millionen Franken bekam, davon aber 90 Millionen freiwillig wieder zurück bezahlte. Er hat mittlerweile nichts mehr mit der ABB zu tun. Er baute die Hilfsorganisation „
Hand-in-Hand“ auf. Er begann mit 25 Leuten. Heute sind es 9000 Angestellte und 4000 Freiwillige.
Ich bin besessen von der Idee, zu dezentralisieren und die Verantwortung nach unten zu drücken.
Percy Barnevik
Dies ist u.a. ein zentraler Erfolgsfaktor: Er betreibt nicht das Tagesgeschäft, sondern koordiniert es. Fähige Leute vor Ort, welche die kulturellen Gegebenheiten bestens kennen, setzten dieses dann um. Sein Ansatz basiert auf der Vergabe von
Mikrokrediten. Er ist damit in
Indien schon so erfolgreich, dass er von Präsident Karzai gebeten wurde, es in
Afghanistan zu implementieren und Präsident Mbeki bat um dasselbe in
Südafrika. Auch
China, Brasilien und Vietnam sind im Gespräch. Seine Vision ist es,
50 Millionen Jobs zu schaffen.
Bisher blieb westliche Entwicklungshilfe trotz grossem Aufwand meist erfolglos. Warum soll es Ihrer Organisation besser ergehen?
Sie haben recht: Afrika ist mit Hunderten von Milliarden Dollar zugeschüttet worden, und in fünfzig Jahren hat sich nichts verändert. Es ist ein Desaster. In Asien aber hat sich eine Milliarde Menschen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen: Sie haben hart gearbeitet, gespart, investiert, sich der Globalisierung gestellt. Man muss von der Schenkmentalität wegkommen, Selbsthilfe ist sinnvoller. Wenn man nur einen kleinen Teil der weltweiten Hilfsgelder von 110 Milliarden Dollar umleitete, könnte man die Armut eliminieren: Geholfen wäre jener Milliarde Menschen, die weniger als einen Dollar pro Tag haben. Es braucht nicht mehr Geld. Man muss es nur intelligenter einsetzen.
Wie soll diese Selbsthilfe konkret aussehen?
Wir können ein Dorf von 2000 Menschen in zwei Jahren hochbringen: Wir bilden Frauen zu Unternehmerinnen aus und geben Ihnen Mikrokredite. Wir bauen Schulen und eliminieren so Kinderarbeit. Wir sorgen für Medizin und Müllentsorgung, und wir bauen ein Gemeindezentrum mit Internetzugang. Danach gibt es dort keine Kinderarbeit mehr, keinen Analphabetismus, keine Mangelernährung. Das kostet nur 25 000 Dollar. In anderen Organisationen, die Ähnliches tun, ist es das Zehnfache.
Kostenkiller Barnevik schlägt wieder zu?
Wenn man kostenmässig fit sein will, muss man Westler und westliche Hauptquartiere meiden. Wir haben nur Inder als Angestellte. Damit sind die Lohnkosten viel niedriger. Ich selber und einige meiner Partner arbeiten umsonst. Schauen Sie sich andere berühmte internationale Organisationen an – ich nenne jetzt keine Namen –, die haben dreissig oder vierzig Prozent Overheadkosten. Bei uns sind es drei Prozent. Man kann eine Frau zur Unternehmerin ausbilden für 15 Dollar. Einem Erwachsenen Lesen beibringen kostet ebenfalls 15 Dollar, eine Berufsausbildung 50 Dollar. Das sind niedrige Beträge. Wir bieten den Spendern also sehr viel für ihr Geld.
Percy Barnevik interviewt von Marc Kowalsky in der Weltwoche 51/52.07, Seite 54ff.
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