nur 3-5% der Säugetiere leben monogam
Die beiden Neurotransmitter Oxytocin und Arginin-Vasopressin (kurz: AVP) steuern bei Wühlmäusen die Bildung und die Äußerung von Paarbindungen. Beide Transmitter sind bei Nagetieren wichtig für die soziale Anerkennung, und beide werden bei vielen Säugetieren während vaginaler oder zervikaler Stimulierung ausgeschüttet, auch bei der Geburt und der Paarung. Oxytocin trägt bei vielen Arten maßgeblich zur Mutter-Kind-Bindung bei; allem Anschein nach ist es bei weiblichen Wühlmäusen wichtiger für die Bindung als bei männlichen. AVP hingegen ist wesentlich an vielen männlichen Verhaltensmustern beteiligt, etwa Aggression, Duftmarken und Werbung. Vermutlich ist es bei männlichen Wühlmäusen das wichtigste Hormon für die Paarbindung. Notfalls kann aber auch jedes andere Peptid die Paarbindung bei Wühlmäusen beiderlei Geschlechts anregen. Wenn über eine Infusion diese Neurotransmitter ins Gehirn gelangen, dann sorgt das Gehirn dafür, dass eine Paarbindung eintritt, nachdem die Wühlmaus kurz mit dem Partner zusammen war, auch wenn das Paar keinen Geschlechtsverkehr hatte.
Die Ausschüttung von Dopamin innerhalb dieses Kreislaufs ist wichtig für die Reaktion auf natürliche Belohnungen wie Nahrung oder Sex sowie auf süchtig machende Drogen.
Wenn die Fähigkeit, süchtig zu werden, es Tieren erleichtert, sich an ihre Partner zu binden, dann ist das womöglich der Grund dafür, dass diese Nervenbahnen für das Überleben der Spezies hilfreich sind - und dass sie trotz des Schadens, den Sucht anrichten kann, bestehen bleiben.
Als Beweis dafür, dass diese neuronalen Systeme für die Paarbindung zuständig sind, ist es Wissenschaftlern gelungen, promiskuitive Männchen der Wiesenwühlmäuse zur Monogamie zu «bekehren», indem sie ihnen experimentell die Expression des AVP-Rezeptors im ventralen Pallidum induzierten. Dieses verblüffende Ergebnis beweist, dass ein komplexes Verhaltensmuster wie die Paarbindung durch ein einziges Gen in einer einzigen Hirnregion aktiviert oder deaktiviert werden kann, auch wenn freilich weitere Gene in anderen Hirnregionen für den vollen Ausdruck des Verhaltens erforderlich sind, sobald der Schalter betätigt wird.
Der Oxytocin-Spiegel steigt während des Orgasmus bei Frauen, und die AVP-Konzentrationen steigen während sexueller Erregung bei Männern.
Orgasmus regt Belohnungssysteme des Gehirns an, nämlich jene, die Rezeptoren für Oxytocin und AVP enthalten. Bei frisch verliebten Menschen ist eine starke Aktivität im ventralen Tegmentum und im Nucleus caudatus zu beobachten, bei Menschen mit länger andauernden Beziehungen (etwa ein Jahr) hingegen werden auch andere Regionen angeregt, etwa das ventrale Pallidum (der Ort der Bindung beim Präriehund)
Sandra Aamodt, Samuel Wang: "Welcome to your brain. Ein respektloser Führer durch die Welt unseres Gehirns". C. H. Beck Verlag, München 2008, Auszugsweise veröffentlicht auf cicero
Donnerstag, 15. April 2010
hormonelle Paarbindung
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