Freitag, 8. April 2011

Entgegennahme von Potentatengeldern

Der Bundesrat hat Konten von Ben Ali, Ghadhafi und anderen Potentaten gesperrt. Für Banken ist die Prüfung illegaler Gelder schwieriger, sie sind ans Recht gebunden.

Die Sache ist einfach und komplex zugleich. Einfach, weil sich beim Präsidenten wie beim kleinen Bürger dieselbe Frage stellt: Aus welcher Quelle stammen die Vermögenswerte? Wenn sie nicht aus einem Verbrechen herrühren oder einer kriminellen Organisation gehören, ist die Entgegennahme erlaubt. Komplex ist die Definition, was ein Verbrechen ist und wie es nachgewiesen wird, vor allem wenn die Taten im Ausland geschehen.

Das Schweizer Recht verlangt für eine Konfiskation des Vermögens, dass die Tat auch am ausländischen Begehungsort strafbar sein muss. Was aber, wenn es dort kein Gesetz gibt, das solche Tatbestände regelt? Oder wenn ein Gesetz existiert, aber faktisch nicht angewendet wird; wenn die Bürger den Glauben daran verloren haben und damit die «Opinio necessitatis» fehlt? Was, wenn die dortigen Behörden erklären, man habe die Sache überprüft und es liege kein strafbares Verhalten vor?

In all diesen Fällen ist die angebliche Tat nicht strafbar, und die Vermögenswerte können, ja dürfen nicht konfisziert werden. Glücklich, aber etwas weltfremd, wer angesichts dessen erklärt, es sei für eine Bank einfach zu erkennen, ob Gelder eines Potentaten legal erworben wurden.

Man mag einwenden, es gebe keine vernünftige Rechtfertigung dafür, wenn der Präsident eines Landes Milliarden zur Seite schaffe. Das mag für Schweizer Verhältnisse unangemessen sein, zumal hier der Präsident jedes Jahr wechselt. Kehren wir die Frage also um: Wie viel Vermögen wäre angemessen? Gleich viel wie ein Bundesrat? Oder wie der Scheich eines Ölstaates? Es ist leider so: Über die Angemessenheit der Bezüge entscheidet nicht der Schweizer Experte, sondern die Politik des jeweiligen Landes. Die kann über Nacht ändern, und dann
ist der Regent plötzlich Persona non grata und sein Vermögen «gestohlen». Manchmal wird es vom Nachfolger übernommen, selten fällt es ans Volk. Das kann der Bundesrat nicht verhindern und eine Bank auch nicht.

Eine Beweislastumkehr bei der Kontoeröffnung, also der positive Nachweis einer legalen Herkunft des Geldes, würde leider kaum etwas ändern, denn es wäre - siehe oben - kaum einfacher zu sagen, was «legal» ist und was nicht. Und nüchtern betrachtet hätte hier ein Alleingang der Schweiz auch kaum Erfolg - er würde nur die Zusammenarbeit mit den Ländern erschweren, die keine solche Bestimmung kennen. Das sind die meisten.

Es bleibt daher nichts anderes übrig, als jede Beziehung einzeln anzuschauen.

David Zollinger in der NZZaS vom 03.04.2011, Seite 19.

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