Sonntag, 18. März 2012

Anonyme Parteispenden müssen möglich sein

Rückblick 
In den sechziger und siebziger Jahren war es in der von einer klaren bürgerlichen Mehrheit dominierten Schweiz ein Nachteil, links zu sein. "Moskau einfach" lautete der Schlachtruf gegen jene, die sich dem damaligen Konsens entgegenstellten. Die Forderung linker Philosophen nach einem "herrschaftsfreien Diskurs" (Jürgen Habermas) war der Hoffnung geschuldet, die eigene, vom herrschenden rechten Millieu abweichende Meinung zu äussern, ohne dafür gesellschaftliche oder berufliche Nachteile zu erleiden. Denn genau dies war lange der Fall: Wer links war, wurde abgestraft, bei der Stellenwahl diskriminiert, öffentlich angefeindet, ausgegrenzt. 
Aktuell 
Die Zeitungen wollen die Geldgeber outen und damit der Kritik all jener ausliefern, die es skandalös finden, dass jemand die SVP finanziell unterstützt. Weil eine Mehrheit der Wähler gegen die SVP ist, würde eine Offenlegung die Spender erheblichem sozialem und wirtschaftlichem Druck aussetzen, mit dem Ziel, sie und alle andern möglichen Geldgeber abzuschrecken. 
Der Versuch, die SVP anhand ihrer anonymen Spenden zu kriminalisieren, zielt darauf ab, die Minderheit zu schwächen, um sie der Mehrheit anzugleichen. (...) Ausdruck der Herrschaft der Mehrheit, als Vorbote jenes "Mehrheitsdespotismus", der für die Demokratie eine akute Gefahr bedeutet.

Roger Köppel in der WeWo11.12, Seite 7.

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