Nicht berufliches Können befähigt zur Elite. Es ist eine bestimmte Haltung. Ein Wille, sich für den Gang der Dinge überhaupt zuständig zu fühlen. Ein Stil, von sich ab- und aufs Allgemeine hinzusehen. Ein Format, nicht bloss auf der Welt zu sein, um «splendid» über die Runden zu kommen, das eigene mickrige Glück zu hätscheln, sondern die gemeinsamen Angelegenheiten in Schwung zu bringen — gegen die Tendenzen des Einfältigen, Engstirnigen, Geschmacklosen. (..) Ich handle, als handle ich stellvertretend für die Menschheit. «Kants Kategorischer Imperativ». So sieht die seelische Verfassung der Elite aus.
Kann man die lernen? Teilweise. Bedingung ist, dass wir aufhören, so ein Theater um Fachkompetenzen zu machen. An Hochschulen holt man sich heute ein Kompetenzen-Portfolio. Können können. Als käme es darauf an, Kompetenzen zu haben (die jeder Depp hat). Entscheidend ist, was wir mit ihnen anzufangen wissen.
Kann man die Person bilden? Hoffentlich. Manches ist Vorgabe, Erziehung: Charakter, Selbstvertrauen, Charme. Leute mit geglückter Herkunft, die wissen, woher sie kommen, wer sie sind, wissen auch schneller, wohin sie steuern wollen. Üben müssen alle, die zur Elite zählen wollen. Fachkompetenzen ersetzen nicht Exerzitien in personalen Stärken. Gruss an Peter Sloterdijk. Üben macht Meister. (...) Alles, was Eliten auszeichnet lässt sich kaum schulen. Üben durchaus.
Wer nichts als Kompetenzen mit sich herumträgt, schwimmt nur mit im Strom des Branchenwissens, wie weit vorn auch immer, ein Fisch, kein Steuermann. Eine Elite, die dem Namen gerecht wird, schwimmt nicht mit noch gegen den Strom. Sie bestimmt die Strömung. Dazu braucht sie den Blick vom Ufer, Augenmass für die Tunlichkeit der Stromrichtung, den Willen, die Richtung zu ändern.
Ludwig Hasler, Publizist und Philosoph, lebt in Zollikon. Sein jüngstes Buch: «Die Erotik der Tapete. Verführung zum Denken», Huber-Verlag, 4. Auflage 2009
Samstag, 27. März 2010
Elite: Eine Frage der Haltung, nicht der Ausbildung
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