Samstag, 11. September 2010

Optimismus - Weltentwicklung

Ich zitiere in meinem Buch den englischen Politiker und Historiker
Thomas B. Macaulay, der schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine Frage
stellte, auf welche die Schwarzmaler aller Zeiten keine Antwort haben:
Warum sehen wir, wenn wir zurückblicken, nichts ausser Fortschritt und
Verbesserungen, erwarten aber von der Zukunft immer nur den
Niedergang?



Ein enormer Fortschritt. In seinem berühmten Buch «Die
Überflussgesellschaft» erklärte der Ökonom J. K. Galbraith deshalb
schon 1958, dass der Wohlstand seinen Höhepunkt erreicht habe und dass
nun viele überflüssige Güter produziert würden, die den Konsumenten
nur durch verführerische Werbung angedreht werden können.

Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.
Ridley: Das ist falsch. Schlicht falsch! Das ist einer dieser
Glaubenssätze der Pessimisten, und er stimmt einfach nicht. Richtig
ist: Die Reichen werden reicher, die Armen aber auch. Und zwar sehr
viel schneller als die Reichen. Der Konsum der Armen in den
Entwicklungsländern ist zwischen 1980 und 2000 doppelt so schnell
gewachsen wie im Weltdurchschnitt.
Nach Schätzungen der Uno ist die Armut in der Welt in den letzten
fünfzig Jahren stärker zurückgegangen als in den davorgehenden fünf
Jahrhunderten. Ich finde das ziemlich beeindruckend.


Den Höhepunkt werden wir laut Uno im Jahr 2075 mit 9,2 Milliarden
erreichen, danach wird die Weltbevölkerung stagnieren oder
zurückgehen.


Seit 1900 sind die landwirtschaftlichen Erträge um 600 Prozent
gestiegen — die gesamten Agrarflächen aber nur um 30 Prozent. Um 9
Milliarden Leute zu ernähren, braucht es natürlich eine ganze Reihe
von Massnahmen: eine Verdoppelung der landwirtschaftlichen Produktion
in Afrika mithilfe eines markant erhöhten Einsatzes von Düngemitteln;
die Umstellung auf zweifache Ernten pro Jahr in vielen tropischen
Ländern; die Einführung der Tropfbewässerung in Asien und Amerika; die
Verwendung von genetisch modifiziertem Saatgut überall in der Welt;
Rinder müssen vermehrt mit Soja statt mit Getreide gefüttert werden;
mehr Hühner, Fische und Schweine, weniger Rinder und Schafe, denn
Erstere verwandeln Getreide dreimal so effizient in Fleisch wie
Letztere. Und einen dynamisierten globalen Handel mit
landwirtschaftlichen Produkten, damit jeder das tut, was er am besten
kann.



Aber das sind eben Wenn-dann-Sätze. Es wird eben nicht so bleiben, wie
es heute ist. Die Menschheit hat eben noch nie einfach «so
weitergemacht wie heute», sonst wäre sie schon lange untergegangen.

Der Denkfehler der Pessimisten ist, dass sie die Zukunft einfach als
eine vergrösserte Version der Gegenwart betrachten. So war es nie, so
wird es nie sein


Muss die Erste Welt ihre Hilfe für Afrika intensivieren?
Ridley: Nein. Entscheidend wird sein, dass der Kontinent sich selbst
befreit. Entwicklungshilfe kann jeweils ein paar Platzwunden heilen,
aber funktionierende Volkswirtschaften kann man nicht von aussen
planen, sie müssen von innen wachsen.




Wie also bringt man den Handel zum Blühen? Eine grosse Hilfe für die
afrikanische Landwirtschaft wäre, wenn Europa und Amerika ihre
Handelsbeschränkungen und Schutzzölle aufheben würden.


Guido Mngels interviewt Matt Ridley zu seinem Buch «The Rational Optimist —
How Prosperity Evolves»,HarperCollins Publishers 2010 im Tagi-Magi vom 10.7.10.

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