Samstag, 11. September 2010

to big to fail-problem

1990 entsprach die Bilanzsumme der Schweizerischen Bankgesellschaft, der damals grössten Bank des Landes, 71 Prozent des schweizerischen Bruttoinlandsproduktes. Ende 2008 waren es im Fall der UBS 376 Prozent, Credit Suisse kam auf 218. In Grossbritannien entsprach die Bilanzsumme des gesamten inländischen Bankensektors bis Ende der Siebzigerjahre weniger als 100 Prozent des BIP. Heute bringen die Bilanzen der britischen Banken mehr als das Fünffache des heimischen BIP auf die Waage.

Goldman Sachs, eine der qualitativ besten Investmentbanken, wies 1998 eine Bilanzsumme von 280 Milliarden Dollar aus. Zehn Jahre später waren es 1100 Milliarden. Es gibt keinen Beweis, der darauf hindeutet, dass Goldman 2008 effizienter funktionierte und der Wirtschaft einen grösseren Dienst erwies als 1998. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Bilanzausdehnung der Grossbanken ist gleich null, die potenziellen Kosten dagegen sind horrend.»
Im Finanzsystem sind die Risiken endogen, sie werden von den Akteuren selbst erschaffen. Das Finanzsystem strebt nicht in ein natürliches Gleichgewicht, sondern es sei inhärent instabil und teste dauernd seine Grenzen.
Ein britischer Notenbanker knüpft mit dieser These an die Arbeit von Ökonomen wie John Maynard Keynes und Hyman Minsky an.
Das ist auch eine Erklärung, weshalb grosse Verwerfungen an den Finanzmärkten viel öfter auftreten, als erwartet. Allein in der Zeit zwischen 1980 und 2010 ereigneten sich gemäss einer Untersuchung des US-Vermögensverwalters Pimco mindestens elf global spürbare Finanzkrisen mit Preisverwerfungen, die, vom Standpunkt der statistischen Normalverteilung betrachtet, nicht einmal alle hundert Jahre hätten eintreten dürfen.

Notenbanker Haldane kommt deshalb zum Schluss, dass Grossbanken externe Kosten verursachen, in Form versteckter Subventionen und in Form der Belastung, die sich der Staat aufbürdet, wenn er tatsächlich eine TBTF-Bank retten muss.

Vorschläge zur Behebung der TBTF-Problematik:

1.eine dickere Eigenkapitaldecke. Dies wird von Notenbankern wie Hildebrand und Haldane vehement gefordert.

2. Fremdkapital, das im Notfall automatisch, ohne kompliziertes Insolvenzverfahren, in Eigenkapital umgewandelt werden kann - die sogenannten CoCo-Bonds. Diese Kapitalschicht müsste genügend dick sein, denn sie dient dazu, aufgezehrtes Eigenkapital zu ersetzen. Es liegt auf der Hand, dass Investoren für CoCo-Bonds einen deutlich höheren Zins verlangen als für normale Obligationen, denn sie würden im Sanierungsfall als Erste einen Verlust erleiden.

3. Es existiert, zusätzlich zu schärferen Kapitalvorschriften, noch ein dritter Weg, um das «Too big to fail»-Problem zu lösen: Die Banken müssen kleiner werden. Ökonomen wie Johnson, der an der New York University lehrende Nouriel Roubini oder Notenbanker wie Richard Fisher fordern staatlich verordnete Grössenbeschränkungen für systemrelevante Megabanken, inklusive die Trennung von Investment- und Geschäftsbanken.



Banken, die «too big to fail» sind, geniessen dank ihrer Staatsgarantie einen unfairen Wettbewerbsvorteil. Das schafft falsche Anreize und pervertiert das System. Mit Kapitalismus hat das nichts mehr zu tun. Das Thema «too big to fail» muss verschwinden. Grossbanken sollten 40 bis 50 Prozent ihrer Bilanzsumme als Eigenkapital halten. Die Aktionäre sollen die Gewinne haben, aber sie sollen auch die vollen Verluste tragen.
Eugene Fama, 71-jähriger Finanzprofessor an der erzliberalen University of Chicago, Apostel des Laisser-faire und einer der Väter der Hypothese der effizienten Finanzmärkte, im Juni im TV-Sender CNBC

Am Tag vor dem Bankrott besass Lehman eine Tier-1-Eigenkapitalquote von 11,6 Prozent und hätte die gegenwärtig im Basler Komitee diskutierten Eckwerte spielend erfüllt. Um von einem sichereren Finanzsystem zu sprechen, müssten Banken eine Eigenkapitaldecke von 20 bis 25 Prozent der gesamten Bilanzsumme halten.
Simon Johnson, MIT-Professor

Der freie Markt in der Bankenbranche spielt nicht mehr. Es ist jungen Banken nahezu unmöglich, gegen die TBTF-Kolosse zu konkurrieren. Doch genau das wäre nötig. Die Welt braucht neue, innovative, agile Banken.
Eine Trennung von Investment- und Geschäftsbanking ist zu begrüssen. Die Verkleinerung soll über marktwirtschaftliche Anreize erreicht werden soll. Genügend scharfe Kapitalvorschriften werden die Finanzierungskosten der Banken auf ein den Risiken entsprechendes Niveau anheben, die externen Kosten der Staatssubvention werden dadurch internalisiert. Das wiederum könnte die Grossbanken von selbst zum Entscheid bringen, sich in kleinere, schlagkräftige Einheiten mit unterschiedlichem Risikoprofil aufzuteilen. Es muss teuer werden, gross zu sein. Dann lösen sich diese Monster von selbst auf.
Niall Ferguson, Historiker

Das ist Humbug. Es ist keine Frage zwischen rechter und linker Ideologie, wie das -Dilemma gelöst werden soll. Die Megabanken sind nicht nur zu gross, politisch zu einflussreich und für die Volkswirtschaft zu gefährlich. Sie verzerren dank ihrer Subvention den Markt und schreiben abnormal hohe Gewinne auf Kosten der restlichen Wirtschaft. Der Wettbewerb spielt nicht mehr.
MIT-Professor Johnson



UBS und Credit Suisse. Beide haben seit 2008 ihre Bilanzen zwar um rund 30 Prozent geschrumpft, aber ihre kombinierte Bilanzsumme übersteigt immer noch das Vierfache des schweizerischen BIP. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Deutschen Bank entspricht rund 80 Prozent der jährlichen deutschen Wirtschaftsleistung, Société Générale bringt 55 Prozent des französischen BIP auf die Waage, und die Bilanzsumme von Bank of America, der grössten Bank der USA, macht gerade mal 16 Prozent des BIP der Vereinigten Staaten aus.

Nach Ansicht des MIT-Professors Simon Johnson stellen UBS und CS im globalen Vergleich einzigartig grosse Klumpenrisiken für die Schweiz dar.


Angesichts der Grösse der Schweizer Grossbanken hat die faktische Staatsgarantie des Bundes einen Umfang erreicht, der auf längere Sicht das finanzielle Gleichgewicht der Eidgenossenschaft, die politische Stabilität des Landes und damit auch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Schweiz gefährdet.
Birchler

Es ist enorm wichtig, dass wir in der Schweiz vorbehaltlos nicht nur über den Nutzen, sondern auch über die Kosten der beiden Grossbanken diskutieren.
Boris Zürcher, Avenir-Suisse-Ökonom

Quelle: Tagi-Magi

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