Samstag, 14. April 2012

Kulturförderung halbieren

Es gibt viel Besitzstand, der nach Kräften verteidigt wird (vgl. Wissenschaftler oder Bauern). Kultur ist nahezu heilig. 
Künstler rufen den Staat wie eine Krankenversicherung an. Auch bei Pro Helvetia kommen fünfzig Prozent der Gesuche durch; wer es diesmal nicht schafft, schafft es das nächste Mal. 
In fast allen Bereichen traut der Staat dem Bürger ein selbstständiges Urteil zu. In der Kultur nimmt er ihn jedoch an die Hand und erklärt ihm, was gute und was schlechte Kunst sei. Das passt nicht zusammen. 
Es gibt viele [Kulturinstitutionen], die zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben haben. Und eine sehr schmale Publikumsbasis haben. Institutionen, die weniger als 30 Prozent der Einnahmen selber erwirtschaften, würde ich unter die Lupe nehmen. 
Der Künstler ist mehr denn je das Idealbild des selbstverantwortlichen, nicht entfremdeten Menschen. Die Kulturförderung hat auf diesen Trend zur Individualisierung reagiert: Sie ist heute auf das kreative Subjekt fixiert, nicht auf Verstehen. Die Wirkung ist nebensächlich. Vor dreissig Jahren ging es noch um Gemeinschaft. 
Pius Knüsel, Direktor der Kulturstifung Pro Helvetia, im Interview mit Rico Bandle in der WeWo11.12, Seite 62ff.

Keine Kommentare: