Montag, 27. April 2009

Villiger zur EU-Machtpolitik

Ich stelle viel Sympathie für die Schweiz bei den Völkern fest. Bei den Politikern allerdings ist es anders. Da liegen wir quer. Der EWR war ein Beispiel: Da kam bei den europäischen Ministern plötzlich der Urzweifel auf: Was bringt es eigentlich, mit Schweizer Politikern zu verhandeln, wenn das Volk am Ende doch alles wieder kippt? Dass in der Schweiz wichtige Entscheide am Ende vom Volk getroffen werden, das können oder wollen viele ausländische Politiker nicht verstehen.

Bundesrat Merz sagte in einem Vortrag, das Schweizer Steuersystem sei ohne internationale Akzeptanz nicht mehr haltbar. Wenn das stimmt, sind wir gar nicht mehr unabhängig.

Wir sind verwundbar, und die Wirtschaft ist am Schluss opportunistisch. Man steht am Anfang zwar hin und betont, wie wichtig es ist, für die Freiheit einzustehen, aber nach den ersten Schlangen am Zoll und Sanktionen aus dem Ausland kippen die Unternehmer um. Die gleichen Leute, die vorher die Fahnen hochgezogen haben, kommen nachher, um die Bundesräte zum Einlenken zu bewegen.

Sind die grossen Länder Europas, auch wenn sie es nie zugeben würden, am Ende gegen den Steuerwettbewerb?
Ja. Das war schon damals mein Eindruck.

Es wird oft betont, die Schweiz könne sich durch Teilnahme an internationalen Organisationen besser zur Geltung bringen. Sie sind da eher skeptisch.
Ich schreibe es auch im Buch: Mein Eindruck aus Verhandlungen, die ich selber führte, war, dass kleine Länder in der EU eigentlich nichts zu sagen haben. Sie werden plattgewalzt, unter Druck gesetzt, obwohl in Sonntagsreden gerne das Gegenteil beteuert wird.
Kaspar Villiger im Interview mit Roger Köppel in der WW17.09

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