Mittwoch, 7. April 2010

Skepsis gegenüber Chinas-Wachstum

Mit Chinas Wirtschaft verhält es sich wohl so wie im Hollywood-Film «Speed»: Dort droht eine Bombe in einem Bus zu explodieren, sobald die Geschwindigkeit auf unter 50 Meilen pro Stunde fällt.

Eine stark zentralistische Lenkung der Wirtschaft kann auf Dauer nicht funktionieren. (…) Die Geschichte zeigt leider, dass oft Angebote ohne Nachfrage entstehen, wenn Bürokraten die Wirtschaft (mit-)steuern.
Ein «Weisspapier» des US-Vermögensverwalters GMO weist auf eine Reihe von gefährlichen Entwicklungen in China hin:
  • Die chinesischen Leitzinsen sind viel zu tief --> grosse Blase bei chinesischen Immobilien: Viele der kürzlich erstellten Wohneinheiten bleiben leer, weil sie nur zu Spekulationszwecken erworben worden und für den Weiterverkauf bestimmt sind. (…) Im Geschäftsbezirk Pudong in Schanghai, wo es mehr Wolkenkratzer geben soll als in Manhattan, wird immer noch kräftig gebaut. Dabei stehen 50% der Büroflächen leer.
  • Die Lokalregierungen erzielen im Moment rund die Hälfte ihrer Einnahmen durch den Verkauf von Landreserven, nicht durch produktive Leistungserbringung.
  • Die chinesischen Banken sind vom Staat angehalten worden, grosszügig Kredite zu verteilen. (…) Die Rating-Agentur Standard & Poor's schätzte um die Jahrhundertwende, dass die Hälfte aller Kredite der chinesischen Banken notleidend seien.
  • Chinesische Banken sind zu gross, um scheitern zu können. So dürfen sich die Bankchefs darauf verlassen, dass sie auch in Zukunft mit einer staatlichen Rettung rechnen können. --> Trägheit
  • Die staatlichen Unternehmen sind oft marode und werden nur dank günstigen Krediten über Wasser gehalten. Eine Studie der Hong Kong Monetary Authority ist zum Schluss gekommen, dass die Gewinne der Staatsfirmen gänzlich ausgelöscht worden wären, wenn diese zu den gleichen Konditionen Geld hätten aufnehmen müssen wie private Firmen.
  • China teilt sich auf dem Korruptions-Index von «Transparency International» den zweifelhaften 79. Rang mit Burkina Faso und Swasiland. Experten gehen davon aus, dass endemische Korruption die Systemrisiken eines Landes stark erhöht. Die «New York Times» schätzt, dass bis zur Hälfte aller Luxusgüter in China die Funktion von Bestechungsgeldern haben.
Markus Städeli in der NZZaS vom 07.04.2010, Seite 42.

Nachtrag:
L’Europe est comme un vélo: Si elle n’avance pas, elle tombe.
Jacques Delors

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