Um Karriere zu machen, die zu einer solchen Machtposition führt, bedarf es einer starken Persönlichkeit, die zielstrebig, durchhaltefähig und in einem hohen Masse kontrolliert ist. Ja es gehört eine geradezu monomane, alles andere im Leben ausblendende Besessenheit dazu, sich ausschliesslich auf das Ziel der Topposition auszurichten. Am Ende dreht sich alles nur noch um die Fragen: Wie komme ich voran? Und wie schalte ich Konkurrenten aus?
Eine solche alles auf die Karte «Macht» setzende Einstellung hat allerdings ihren Preis. Der Weg in die Topposition gelingt umso leichter, je weniger sich die betreffende Person von ihren Gefühlen und von der Rücksicht auf andere Menschen leiten lässt. Es mag sein, dass dies Menschen sind, die von jeher wenig Gefühle zugelassen haben und machtbesessen waren. Aber es ist auch eine Folge der Umstände, dass ihnen auf dem Weg nach oben mit der Zeit ihre Gefühlswelt verloren geht. Wenn sie merken, dass ihnen dies bei ihrem Streben nach ihren ehrgeizigen Zielen sogar noch hilft, hat dies einen grossen Einfluss auf sie, indem sie Gefühle und Einfühlung in andere Menschen zunehmend als etwas Lästiges empfinden und konsequent abstellen.
Diese Entwicklung kann zu einer masslosen Selbstüberschätzung führen, bei der nur noch die eigene Person und die eigenen Ziele gesehen werden und andere Menschen lediglich als Unterstützung oder Behinderung auf dem Karriereweg wahrgenommen werden. Die Konsequenz ist eine immer weitergehende Abkopplung der betreffenden Person von der sozialen Umwelt, eine Verkümmerung der Gefühlswelt, eine immer stärker werdende Selbstbezogenheit und ein gefährlicher Verlust des Realitätsbezugs.
Udo Rauchfleisch in der NZZaS vom 22.05.2011, Seite 20f.
Dienstag, 24. Mai 2011
Wieso Macht korrumpiert
Tags:
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