Freitag, 22. Juli 2011

Glaubens-, nicht Religionsfreiheit

In Artikel 15 (BV) ist lediglich von «Glaubens- und Gewissensfreiheit» die Rede. Zwischen Religionsfreiheit und Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht ein fundamentaler Unterschied: Die Glaubens- und Gewissensfreiheit bedeutet, dasssämtliche Mitbürger das Recht haben, das zu glauben und zu verkünden, was sie für richtig halten: Gott, Jahwe, Allah, Buddha, Ritter, Tod und Teufel. Religionsfreiheit müsste als viel weiter gefasster Begriff jeden Unfug und jedes Unrecht zulassen, die im ­Namen einer Religion verübt werden: Hexenverbrennungen, Ketzerfolterungen, Steinigung, Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat.

Unsere Glaubensfreiheit garantiert jedem Menschen das Recht auf seinen persönlichen Glauben. Glauben wiederum bedeutet nach Hebräer 11, 1 die innere Überzeugung von ­Unsichtbarem. Der äusserliche Ausdruck der Religionen ist – streng genommen – durch die schweizerische Bundesverfassung nicht ausdrücklich geschützt. Dies gilt für den Betruf des Muezzins wie für das christliche Glockengeläut. Für die Burka wie für das Kruzifix. Für das Minarett wie für den Kirchturm. So leid mir der Kirchturm täte – als ehemaligem Kirchenpfleger.
Christoph Mörgeli in der WeWo29.11

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